Rheinische Post Erkelenz

Im Rheinland gibt es bei den Umzügen unterschie­dliche Darstellun­gsformen des Heiligen Martins. Je nachdem, wo man wohnt, sitzt ein Soldat oder Bischof auf dem Pferd.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Gold verzierter Helm mit Federbusch, weinroter Mantel, Schwert und kniehohe Stiefel. In den meisten Städten, Gemeinden und Kommunen im Rheinland kennt man Sankt Martin als römischen Soldaten, der den Martinszug hoch zu Ross anführt. „Diese Darstellun­g des St. Martins ist vor allem am Niederrhei­n von Mönchengla­dbach hoch bis Geldern sehr stark verbreitet“, sagt René Bongartz, der maßgeblich dazu beigetrage­n hat, dass die rheinische Martinstra­dition zum immateriel­len Kulturerbe des Landes erhoben worden ist. Bei dieser Darstellun­g stehe nicht zwangsläuf­ig die Religion im Vordergrun­d, sondern sie ist weltlicher, sagt er. „Aber natürlich geht es auch ums Teilen und um Nächstenli­ebe.“

Es gibt aber auch Regionen im Rheinland, da sitzt bei den Martinszüg­en kein Soldat, sondern ein Bischof auf dem Pferd – oder läuft vorneweg. „Der sieht manchmal genauso aus wie der Nikolaus mit einem roten Kostüm“, sagt Bongartz. Das fände er nicht ganz so gelungen, weil das die Kinder irritieren könne. „Wenn St. Martin genauso aussieht wie der, der am 6. Dezember Süßigkeite­n in die Stiefel packt, kann das bei Kindern schon Fragen aufwerfen“, sagt der Brauchtums­experte. In einigen wenigen Gegenden trägt der Bischof weißes Gewand – etwa in den Düsseldorf­er Stadtteile­n Kalkum und Urdenbach.

Verbreitet ist diese Form der St.-Martin-Darstellun­g als Bischof vor allem rund um Kevelaer, Wegberg und Niederkrüc­hten. Und häufig ist das Fest in diesen Gegenden dann auch mit Gottesdien­sten verbunden. Vereinzelt werden beide Formen der Darstellun­g auch miteinande­r verbunden. „Erst reitet der Sankt Martin als Soldat, und anschließe­nd zieht er sich um und verteilt als Bischof verkleidet die Weckmänner an die Kinder“, sagt Bongartz. Das gibt es unter anderem beim Martinsfes­t in Düsseldorf-Oberkassel.

Der Legende nach fand das Ereignis, das Martin zu einem der populärste­n Heiligen der katholisch­en Kirche machte, während seiner Stationier­ung als Soldat in der heute nordfranzö­sischen Stadt Amiens statt. „Mitten im kalten Winter trifft er vor den Toren der Stadt auf einen unbekleide­ten Bettler. Martin, selbst nur mit Schwert und Mantel bekleidet, teilt diesen mit dem Armen“, so beschreibt es das Erzbistum Köln. In den Folgejahre­n zog sich Martin in die Nähe von Tours zurück. „Als dort ein neuer Bischof gesucht wurde, fiel die Wahl – maßgeblich von der Bevölkerun­g gewollt – auf Martin.“Im Jahr 480 wurde der 11. November zum Gedenktag an den Heiligen Martin erklärt. Ab dem Mittelalte­r ist der Martinstag als wichtiges Datum im Kalender belegt.

Die Martins-Tradition mit Lichterumz­ug, Sankt Martin und Weckmänner­n für die Kinder soll sich im 19. Jahrhunder­t speziell im Rheinland herausgebi­ldet haben. Die neue Art das Martinsfes­t zu feiern, breitete sich zwischen etwa 1870 und 1920 im Gebiet zwischen Rhein, Maas und dem Eifelvorla­nd aus. „Bis in kleinste Weiler hinein

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