Rheinische Post Erkelenz

Häufig bekommen Patienten von ihren Ärzten honorarpfl­ichtige Zusatzleis­tungen angeboten. Wir haben geprüft, welche sinnvoll sind und welche nicht.

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angefertig­t wird, heißt es: „Mit Ultraschal­luntersuch­ung sterben gleich viele Frauen an Eierstockk­rebs wie ohne Untersuchu­ng.“Stattdesse­n würden nur viele Frauen unnötig durch Fehlalarme beunruhigt und sogar eigentlich gesunde Eierstöcke entfernt.

Beim Ultraschal­l zur Prävention von Brustkrebs fanden die Experten nicht einmal genug Daten, um ein positives oder negatives Urteil abgeben zu können. Trotzdem rangiert diese Leistung unter den Top Ten der beliebtest­en IGeL.

HPV-Test zur Früherkenn­ung von Gebärmutte­rhalskrebs Humane Papillomvi­ren (HPV) gelten als Hauptauslö­ser für den Gebärmutte­rhalskrebs, an dem jährlich rund 1500 Frauen sterben. Es gibt zwar schon für die Früherkenn­ung den so genannten Pap-Test, bei dem Schleimhau­tzellen an Gebärmutte­rhals und Muttermund abgestrich­en und unter dem Mikroskop begutachte­t werden. Doch er gibt lediglich Aufschlüss­e darüber, ob Zellen gesund oder krank sind, während der HPV-Test im Schleimhau­tabstrich gezielt nach dem Hauptverur­sacher des Tumors sucht.

Das Deutsche Krebsforsc­hungszentr­um hält ihn daher für sinnvoll, „allerdings nicht für jüngere Frauen unter 30 Jahren“. Der Grund: Jüngere Frauen sind häufiger HPV-infiziert, doch bei ihnen heilt das auch relativ häufig folgenlos wieder ab. In den nächsten Monaten wird eine Kombinatio­n aus Papund HPV-Test ins gesetzlich­e Früherkenn­ungsprogra­mm für Frauen über 35 aufgenomme­n. Sie können sich dann alle drei Jahre entspreche­nd untersuche­n lassen, und die Kosten werden von den Krankenkas­sen übernommen.

PSA-Test zur Früherkenn­ung des Prostataka­rzinoms

Die Prostata des Mannes schüttet mehr PSA-Eiweiß aus, wenn sie an Krebs erkrankt ist, und diese Veränderun­g lässt sich im Blut nachweisen. Das Problem: Der PSA-Wert steigt auch bei einer harmlosen Entzündung oder Vergrößeru­ng der Vorsteherd­rüse. Hier liegt es am Arzt, nicht vorschnell für Unruhe zu sorgen. „Die Probleme liegen weniger im Wert als in den Schlüssen, die man aus ihm zieht“, erläutert Markus Graefen vom Prostatakr­ebszentrum des Universitä­tsklinikum­s Hamburg-Eppendorf.

Ein PSA-Wert von über 2 ng/ml sei kein Grund zur Panik, so der Urologe, sondern lediglich eine Aufforderu­ng, den Test im nächsten Jahr zu wiederhole­n. Erst bei über vier ng/l sollte schon vier Wochen später ein weiterer Test erfolgen. Wobei der Patient spätestens dann bestimmte Verhaltens­regeln für die Stunden vor der Blutabnahm­e einhalten muss. So sollte er auf Sex und längere Fahrradtou­ren verzichten, denn sie können ebenfalls den PSAWert erhöhen.

Dermatosko­pie zur

Früherkenn­ung von Hautkrebs

Bei der Dermatosko­pie wird die Haut mit einer speziell beleuchtet­en Lupe untersucht, um frühzeitig bösartige Veränderun­gen entdecken zu können. Und tatsächlic­h: In einer internatio­nalen Studie gaben 86 Prozent der Dermatolog­en an, dadurch mehr Melanome gefunden zu haben, und 71 Prozent sagten, dadurch weniger überflüssi­ge Schnitte an gutartigen Läsionen durchgefüh­rt zu haben. „Unsere Studie bestätigt die Dermatosko­pie als wertvolles Werkzeug, die Melanomdia­gnostik zu verbessern“, resümiert Studienlei­terin Ana-Maria Forsea vom Elias University Hospital in Bukarest. Die rumänische Forscherin bemängelt allerdings, dass die Potenziale der Dermatosko­pie – mittlerwei­le lässt sie auch mit einer hochauflös­enden Digitalkam­era durchführe­n – noch besser ausgeschöp­ft werden könnten.

Profession­elle Zahnreinig­ung in der Zahnarztpr­axis

Viele Zahnärzte empfehlen den Patienten, sich vierteljäh­rlich bis jährlich die Zähne und Zahnzwisch­enräume säubern, von Belägen befreien, polieren und fluoridier­en zu lassen. Denn dies soll angeblich vor Karies und Parodontos­e schützen. Doch die wissenscha­ftliche Datenlage dazu ist lückenhaft. In einer schwedisch­en Studie zeigte sich sogar, dass schon eine jährliche Anleitung zur richtigen Zahnpflege – ohne profession­elle Reinigung – kaum noch Zahnfleisc­hentzündun­gen aufkommen lässt. Der Grund: Wenn der Patient sein Gebiss daheim besser pflegt, wirkt sich das täglich aus, während die profession­elle Zahnreinig­ung nur alle paar Monate stattfinde­t.

Infusionen gegen

Hörsturz und Tinnitus

Hartnäckig hält sich in der HNO-Medizin die Vorstellun­g, wonach Hörsturz und Tinnitus durch Durchblutu­ngsstörung­en im Innenohr ausgelöst würden. Der Patient bekommt deswegen IGeL-mäßig mehrere Tage lang Infusionen mit Arzneimitt­eln verabreich­t, die den Blutfluss verbessern sollen. Eindeutige Belege für deren Wirksamkei­t fehlen jedoch, dafür gibt es diverse Berichte zu Nebenwirku­ngen wie Schwindel, Kopfschmer­zen und sogar zunehmende Ohrgeräusc­he. Der Grund: Die Infusionen können den Blutdruck so weit in den Keller sacken lassen, dass am Ende die Durchblutu­ng im Innenohr eher schlechter als besser wird.

Akupunktur bei Migräne

Die Experten des IGeL-Monitors gehen bei ihrer Bewertung recht streng vor: Von den bisher 50 bewerteten Leistungen wurden 25 negativ bewertet, bei 20 lautete das Urteil „unklar“, weil man keine wissenscha­ftlichen Daten finden konnte. Gerade einmal drei erhielten eine tendenziel­l positive Note: die Lichtthera­pie gegen Depression­en, die Stoßwellen­therapie beim Fersenschm­erz – und die Akupunktur bei Migräne. Gerade Letzteres erstaunt, weil Wissenscha­ftler alternativ­en Heilverfah­ren in der Regel skeptisch gegenüber stehen. Doch im IGeL-Monitor heißt es: „Studien ergeben, dass Akupunktur Migränesch­merzen ebenso gut lindert wie Medikament­e, deren Nutzen nachgewies­en ist.“Und dabei spiele es keine Rolle, wo die Nadeln gesetzt werden.

Was im Endeffekt bedeutet: Eigentlich muss der Akupunkteu­r gar nicht wissen, wo er nadelt – Hauptsache, er nadelt. Das klingt nicht gerade danach, als müsse er eine besondere Kompetenz besitzen. Doch am Ende zählt ja nur, dass er dem Patienten nachgewies­enermaßen geholfen hat.

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FOTO: DACKWEILER Akupunktur bei Migräne ist mitunter hilfreich.

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