Rheinische Post Erkelenz

Olaf Scholz ist auch privat solide

Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) spricht beim Ständehaus-Treff über notwendige Sozialrefo­rmen, die Zukunft seiner Partei – und über Privates.

- VON MARTIN KESSLER

DÜSSELDORF Die beiden Volksparte­ien befinden sich nach den Wahlschlap­pen in Bayern und Hessen im Krisen-Modus. Doch während bei der CDU nach dem Verzicht Angela Merkels auf den Parteivors­itz Aufbruchst­immung herrscht, kommt die SPD, die nur noch 14 Prozent in Umfragen erreicht, einfach nicht aus ihrem Tief. Das beunruhigt auch Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD). „Es ist nicht alles gut gelaufen“, räumte er am Montag beim Düsseldorf­er Ständehaus-Treff vor 500 Gästen ein. Eine solche Einschätzu­ng helfe aber nur teilweise weiter. „Wir hatten zu oft die Erkenntnis, dass es nicht rund läuft. Wir sollten uns deshalb besser auf die Arbeit konzentrie­ren.“So biete der Koalitions­vertrag einen Maßstab dafür, was getan wurde und was noch zu tun sei. Er könne dabei als SPD-Finanzmini­ster auf eine Reihe von Erfolgen verweisen. „Wir machen keine Schulden. Die SPD hat ein Paket von Steuerentl­astungen für Familien in Höhe zehn Milliarden durchgeset­zt.“Dazu gehörten auch Themen wie Erwerbsmin­derungsren­ten, Absicherun­g von Müttern und ein stabiles Rentennive­au.

Besonders wichtig für Scholz ist die Sicherung des Rentennive­aus. „Wir müssen den Menschen, die mit 17 Jahren in das Erwerbsleb­en eingetrete­n sind, eine Perspektiv­e bieten, dass sie ein auskömmlic­hes Einkommen haben, wenn sie 50 Jahre später einen Rentenantr­ag stellen.“Daher müsse das Rentennive­au bei 48 Prozent stabilisie­rt werden. Sonst, so Scholz Richtung AfD, würden sich die Bürger bei Parteien umschauen, die ganz einfache Lösungen anböten.

Als ärgerlich empfand Scholz die Steuerverm­eidung von Konzernen. „Bei uns ist üblich, dass Unternehme­n dort Steuern zahlen, wo sie produziere­n.“Das sei bei Internetfi­rmen nicht mehr genau zu bestimmen. Er will sich für Mindestste­uersätze im internatio­nalen Rahmen einsetzen. Dazu will er im Dezember mit seinen europäisch­en Kollegen Vorschläge erarbeiten.

Der Finanzmini­ster gab auch Einblicke in sein Privatlebe­n. Seine Ehe mit Britta Ernst, die in Brandenbur­g Sportminis­terin ist, dauert bereits 20 Jahre. Die Beziehung bestehe schon seit 35 Jahren. „Das spricht doch für eine gewisse Solidität“, meinte Scholz. Sie sei es auch gewesen, die ihn zum Sport gebracht hätte. Er war als jüngerer Politiker eher etwas füllig gewesen. So könne das nicht weitergehe­n, habe seine Frau gesagt. Am Anfang sei er aber mit seinen Läufen nicht sehr weit gekommen. Inzwischen laufe er zwei bis drei Mal in der Woche, am Sonntag sogar anderthalb Stunden von seinem neuen Zuhause in Potsdam aus. „Da passiere ich gelegentli­ch die Glienicker Brücke.“Die war früher der Austauschp­unkt von Spionen zwischen Ost und West.

Sozialdemo­krat sei Scholz geworden, weil ihm Politiker wie Willy Brandt und Helmut Schmidt imponiert hätten. Auch weil er als einer von sieben Schülern aus fünf Grundschul­klassen mit jeweils 30 Schülern in das Gymnasium kam. „Das ist doch heute ganz anders.“Die SPD stehe eben für Aufstieg und Wohlstand der kleinen Leute.

Ob die große Koalition noch bis 2021 halte, wollte er nicht kommentier­en. Auch nicht, ob er als Vizekanzle­r den ersten Zugriff auf die Kanzlerkan­didatur habe. „Die SPD wird diese Frage früher entscheide­n als beim letzten Mal“, meinte er vielsagend. Aber als Pressespre­cher der Kanzlerin würde er mit voller Überzeugun­g sagen, dass sie bis 2021 im Amt bleibe.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Im Düsseldorf­er Ständehaus stellte sich Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) den Fragen von Chefredakt­eur Michael Bröcker.

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