Wandel für mehr Wohlstand im Ruhrgebiet
Industriearbeitsplätze im „Pott“müssen auch künftig attraktive Bedingungen bieten. Eine zweite wesentliche Herausforderung liegt darin, den Qualifikationsmangel zu beseitigen. Für Unternehmen und Politk gibt es gute Vorbilder in der Region.
DÜSSELDORF Zehn Jahre ist es inzwischen her, dass mit der Lehman-Pleite die Weltfinanzkrise ihren Lauf genommen hat. Aus der Weltfinanzkrise wurde eine Weltwirtschaftskrise. Die Krise steht für das Scheitern einer weitgehend unregulierten Finanzwelt. Sie hat auf der anderen Seite aber auch gezeigt, wie wichtig die Bedeutung der Industrie auch im 21. Jahrhundert ist. Deutschland hat nicht trotz, sondern gerade wegen seiner industriellen Basis die Krise vergleichsweise gut gemeistert.
Die Industrie ist in unserem Land fest verwurzelt. Das gilt für das Ruhrgebiet natürlich im besonderen Maße. In wohl kaum einer anderen Gegend Europas ist die Geschichte einer Region so eng mit der Industrie verbunden wie im „Pott“. Mit Blick auf die Zukunft gilt es, gute Traditionen fortzusetzen, ohne in Nostalgie zu verharren oder den Anschluss an die aktuellen Entwicklungen zu verlieren. Die moderne Industrie vereint vieles, was unser Land stark macht: Malocher-Mentalität und Digitalisierung, Wettbewerbsfähigkeit und Soziale Marktwirtschaft, Weltmarktspitze und gute Löhne für breite Schichten.
Den industriellen Kern bildeten 2017 rund 323.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in 21.190 Unternehmen. Mit einem Beschäftigungsanteil von rund 18,9 Prozent ist die Industrie eine wichtige Säule der Wirtschaft im Ruhrgebiet. Alleine diese wenigen Zahlen zeigen: Die Industrie schafft Wohlstand. Doch damit das so bleibt, müssen wir eine Reihe von Herausforderungen bewältigen. Das Ruhrgebiet ist hier ein guter Seismograph für Zukunftsentwicklungen. Denn hier zeigt sich schon heute: Auch das Ruhrgebiet wandelt sich kontinuierlich von einem Arbeitgebermarkt hin zu einem Arbeitnehmermarkt. Gut ausgebildete und motivierte Arbeitnehmer, vor allem Facharbeiter, können sich ihre Arbeitgeber aussuchen. Vor einigen Jahren ist das noch anders herum gewesen. Der demographische Wandel wirkt sich auch im Ruhrgebiet aus: Auch wenn mit über fünf Millionen Einwohnern 30 Prozent der nordrhein-westfälischen Bevölkerung hier leben, besagt die Prognose, dass bis zum Jahr 2040 die Bevölkerung um rund 200.000 Menschen zurückgehen wird. Kurzum: Wenn die Industrie im Wettbewerb um die besten Köpfe auch in Zukunft bestehen will, müssen Industriearbeitsplätze attraktive Bedingungen bieten. Das umfasst weit mehr als „nur“faire Löhne.
Eine zweite wesentliche Herausforderung liegt im aktuellen Qualifizierungsmangel von Bewerbern. Dieser Mangel ist übrigens in allen Altersstufen vorhanden. Wir müssen daher unsere Anstrengungen verstärken, die Menschen in unserem Land besser aus- und weiterzubilden, um den Arbeitskräftebedarf der Industrie zu stillen. Daher baut die Landesregierung beispielsweise den Bildungsscheck NRW aus, um die berufliche Fort- und Weiterbildung der Menschen in Nordrhein-Westfalen zu stärken. Bis zum Jahr 2020 sollen dafür bis zu 30 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung stehen. Denn eine gute, zeitgemäße Berufsqualifikation nimmt Zukunftsängste – schließlich ist sie eine unabdingbare Voraussetzung für eine gute Rente im Alter. „Train and treat them well“. Gut ausbilden und gut behandeln – darauf wird es zukünftig ankommen.
Um diesen Herausforderungen entgegenzutreten, möchten wir beide im Rahmen der Ruhr-Konferenz gemeinsam mit Experten insbesondere die Chancen und Potenziale des Ruhrgebietes herausstellen. Es gibt viel zu tun. Und es gibt viele gute Beispiele in der Region, die wir beachten müssen, damit nicht nur Unternehmen, sondern auch die Politik von ihnen lernen kann.