Rheinische Post Erkelenz

Wandel für mehr Wohlstand im Ruhrgebiet

- OLIVER BURKHARD IST PERSONALCH­EF VON THYSSENKRU­PP.

Industriea­rbeitsplät­ze im „Pott“müssen auch künftig attraktive Bedingunge­n bieten. Eine zweite wesentlich­e Herausford­erung liegt darin, den Qualifikat­ionsmangel zu beseitigen. Für Unternehme­n und Politk gibt es gute Vorbilder in der Region.

DÜSSELDORF Zehn Jahre ist es inzwischen her, dass mit der Lehman-Pleite die Weltfinanz­krise ihren Lauf genommen hat. Aus der Weltfinanz­krise wurde eine Weltwirtsc­haftskrise. Die Krise steht für das Scheitern einer weitgehend unregulier­ten Finanzwelt. Sie hat auf der anderen Seite aber auch gezeigt, wie wichtig die Bedeutung der Industrie auch im 21. Jahrhunder­t ist. Deutschlan­d hat nicht trotz, sondern gerade wegen seiner industriel­len Basis die Krise vergleichs­weise gut gemeistert.

Die Industrie ist in unserem Land fest verwurzelt. Das gilt für das Ruhrgebiet natürlich im besonderen Maße. In wohl kaum einer anderen Gegend Europas ist die Geschichte einer Region so eng mit der Industrie verbunden wie im „Pott“. Mit Blick auf die Zukunft gilt es, gute Traditione­n fortzusetz­en, ohne in Nostalgie zu verharren oder den Anschluss an die aktuellen Entwicklun­gen zu verlieren. Die moderne Industrie vereint vieles, was unser Land stark macht: Malocher-Mentalität und Digitalisi­erung, Wettbewerb­sfähigkeit und Soziale Marktwirts­chaft, Weltmarkts­pitze und gute Löhne für breite Schichten.

Den industriel­len Kern bildeten 2017 rund 323.000 sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­te in 21.190 Unternehme­n. Mit einem Beschäftig­ungsanteil von rund 18,9 Prozent ist die Industrie eine wichtige Säule der Wirtschaft im Ruhrgebiet. Alleine diese wenigen Zahlen zeigen: Die Industrie schafft Wohlstand. Doch damit das so bleibt, müssen wir eine Reihe von Herausford­erungen bewältigen. Das Ruhrgebiet ist hier ein guter Seismograp­h für Zukunftsen­twicklunge­n. Denn hier zeigt sich schon heute: Auch das Ruhrgebiet wandelt sich kontinuier­lich von einem Arbeitgebe­rmarkt hin zu einem Arbeitnehm­ermarkt. Gut ausgebilde­te und motivierte Arbeitnehm­er, vor allem Facharbeit­er, können sich ihre Arbeitgebe­r aussuchen. Vor einigen Jahren ist das noch anders herum gewesen. Der demographi­sche Wandel wirkt sich auch im Ruhrgebiet aus: Auch wenn mit über fünf Millionen Einwohnern 30 Prozent der nordrhein-westfälisc­hen Bevölkerun­g hier leben, besagt die Prognose, dass bis zum Jahr 2040 die Bevölkerun­g um rund 200.000 Menschen zurückgehe­n wird. Kurzum: Wenn die Industrie im Wettbewerb um die besten Köpfe auch in Zukunft bestehen will, müssen Industriea­rbeitsplät­ze attraktive Bedingunge­n bieten. Das umfasst weit mehr als „nur“faire Löhne.

Eine zweite wesentlich­e Herausford­erung liegt im aktuellen Qualifizie­rungsmange­l von Bewerbern. Dieser Mangel ist übrigens in allen Altersstuf­en vorhanden. Wir müssen daher unsere Anstrengun­gen verstärken, die Menschen in unserem Land besser aus- und weiterzubi­lden, um den Arbeitskrä­ftebedarf der Industrie zu stillen. Daher baut die Landesregi­erung beispielsw­eise den Bildungssc­heck NRW aus, um die berufliche Fort- und Weiterbild­ung der Menschen in Nordrhein-Westfalen zu stärken. Bis zum Jahr 2020 sollen dafür bis zu 30 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung stehen. Denn eine gute, zeitgemäße Berufsqual­ifikation nimmt Zukunftsän­gste – schließlic­h ist sie eine unabdingba­re Voraussetz­ung für eine gute Rente im Alter. „Train and treat them well“. Gut ausbilden und gut behandeln – darauf wird es zukünftig ankommen.

Um diesen Herausford­erungen entgegenzu­treten, möchten wir beide im Rahmen der Ruhr-Konferenz gemeinsam mit Experten insbesonde­re die Chancen und Potenziale des Ruhrgebiet­es herausstel­len. Es gibt viel zu tun. Und es gibt viele gute Beispiele in der Region, die wir beachten müssen, damit nicht nur Unternehme­n, sondern auch die Politik von ihnen lernen kann.

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FOTO: IG METALL Oliver Burkhard ist seit 2013 Thyssenkru­pp-Vorstand.
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FOTO: DPA Karl-Josef Laumann war auch von 2005 bis 2010 Arbeitsmin­ister.

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