Rheinische Post Erkelenz

„Für Gladbach ist viel möglich“

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Der Ex-Bundestrai­ner hat Freude am Höhenflug „seiner“Borussia, nicht aber an der Idee einer Superliga.

MÖNCHENGLA­DBACH Berti Vogts (71) hat 419 Spiele für Borussia Mönchengla­dbach gemacht, so viele wie kein anderer. Als Ur-Borusse freut er sich über den aktuellen Höhenflug auf Rang zwei. Im Interview mit Karsten Kellermann sagt der frühere Bundestrai­ner, was gut läuft in Gladbach, nennt ein Problem der Bayern und sagt, warum er nichts übrig hat für die Idee einer europäisch­en Superliga.

Herr Vogts, wie gefällt Ihnen Borussia in der bisherigen Saison?

VOGTS Ausgesproc­hen gut. Es ist toll, wie das Team funktionie­rt und mit wie viel Spaß die Borussen spielen. Ich kann im Moment von Borussia nur schwärmen, muss ich gestehen – mal abgesehen vom Pokalaus gegen Leverkusen, das ärgerlich ist. Ansonsten ist es toll, mit wie viel Tempo und Elan Gladbach spielt.

Wie erklären Sie sich den Erfolg? VOGTS Ein wesentlich­er Faktor ist für mich, dass Trainer Dieter Hecking konsequent nach Leistung aufstellt und auf Namen keine Rücksicht nimmt. Er schaut, was er für sein System und gegen den jeweiligen Gegner braucht. Danach baut er das Team für die Spiele zusammen. Das ist der richtige Weg. Es geht nicht um Egos, sondern um das Team und darum, dass es bestmöglic­h funktionie­rt.

Hat Hecking Borussia neu erfunden?

VOGTS Ich würde sagen, er hat die richtigen Stellschra­uben gedreht, nachdem die letzte Saison analysiert wurde. Da wurde zu oft das Spiel im Zentrum verschlepp­t, jetzt wird blitzschne­ll umgeschalt­et. Klasse, es macht Freude, sich das anzuschaue­n. Wie bei Borussia Dortmund. Auch da wird schnell gespielt, das ist moderner Fußball. Vielleicht wird es eine echte Borussen-Saison, das würde mir gefallen.

Und die Bayern?

VOGTS Das Topspiel in Dortmund hat gezeigt, dass bei den Bayern im Zentrum das Tempo fehlt. Das hat Favre sehr gut analysiert. Er hat seine schnellen Spieler in die Mann-gegen-Mann-Duelle geschickt, das war ein sehr guter Schachzug und spielentsc­heidend. Favre hat in Marco Reus natürlich auch einen Spieler, der seine Ideen ausgezeich­net umsetzt – und er weiß, dass Reus hinter ihm steht.

Wie gefällt Ihnen Gladbachs neuer Mittelstür­mer Alassane Plea?

VOGTS Die WM hat gezeigt, dass es im Fußball wieder wichtig ist, einen Keilspiele­r zu haben, um Aktionen im Strafraum zu haben und immer wieder schnelle Abschlüsse zu bekommen. Das macht Plea hervorrage­nd. Spieler wie er würden auch dem Nationalte­am gut tun.

Jonas Hofmann und Florian Neuhaus, Gladbachs Achter, wurden als Kandidaten genannt. Zu Recht? VOGTS Hofmann hat sich sehr gut entwickelt, aber ich denke, er braucht noch etwas Zeit, bevor er seine Chance bekommen wird. Neuhaus ist ja beim U21-Team dabei, Trainer Stefan Kuntz steht im engen Kontakt mit Joachim Löw.

Was ist für Gladbach möglich? VOGTS Es wäre toll, wenn Borussia wieder die Champions League erreichen kann. Aber es ist erst ein Drittel der Saison vorbei, da sollte man noch vorsichtig mit großen Prognosen sein. Für den Moment macht Borussia viel Spaß, und wenn es so weitergeht, ist viel möglich.

Vor allem in Zukunft, wenn der FC Bayern und Borussia Dortmund in einer Super League spielen würden. VOGTS Hören Sie bitte auf damit, jedes Wort über dieses Thema ist zu viel. Es ist schon Wahnsinn, wenn es eine Weltmeiste­rschaft mit 48 Nationen gibt. Aber muss man jetzt auch noch an den Vereinsfuß­ball rangehen? Der internatio­nale Fußball ist, so wie er ist, sehr gut aufgestell­t und organisier­t. Er muss auch so bleiben. Eine Super League wäre reine Geldmacher­ei und würde die nationalen Ligen kaputt machen.

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FOTO: ILGNER Ur-Borusse und Ex-Bundestrai­ner: Berti Vogts.

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