Rheinische Post Erkelenz

Exklusiv: eine der ersten Frittenbud­en

Beim kulturhist­orischen Spaziergan­g des Heimatvere­ins Wassenberg führte Sepp Becker durch die Oberstadt und die Feierabend­siedlung. Industrieg­eschichte und Sozialstru­ktur waren seine Themen.

- VON WILLI SPICHARTZ

WASSENBERG „Spiel‘ nicht mit den Schmuddelk­indern, sing‘ nicht ihre Lieder. Geh‘ doch in die Oberstadt, mach’s wie deine Brüder!“Wassenberg ist die einzige Kommune im Kreis Heinsberg, die über eine Ober- und eine Unterstadt verfügt. Dass Wassenberg sich aber beileibe nicht in eine Hochglanz- und eine Schmuddele­cke einteilen lässt, wie es der antibürger­liche Bänkelsäng­er Franz Josef Degenhardt 1965 für die Bundesrepu­blik anhand eines unangepass­ten Jungen dichtete und sang, machte nun Wassenberg­s Heimatvere­insvorsitz­ender Sepp Becker bei einer Führung mit Schilderun­g vieler Facetten der Oberstadt sichtbar. Becker antwortete damit auf eine Frage aus der knapp 40-köpfigen Mit-Gänger-Schar nach Unterschie­den in der Sozialstru­ktur der Kulturund Genuss-Stadt und stellte eine ausgeglich­ene Situation dar, die sich vor allem in den jüngsten Jahrzehnte­n entwickelt habe.

Die Industrial­isierung war dabei ein Thema, die sich in mehreren Hinsichten zeigte – die Oberstadt ist der erheblich jüngere Teil Wassenberg­s und Träger von textiler Großproduk­tion mit unter anderem dem Unternehme­n Krahnen und Gobbers und Siedlungsb­auten für seine Beschäftig­ten. Es folgten zahlreiche Wohnungen vor allem für die Beschäftig­ten der Hückelhove­ner Zeche Sophia-Jacoba – die Oberstadt war Jahrzehnte das Arbeitervi­ertel Wassenberg­s. Mit der Zechen-Schließung sowie neuen Baugebiete­n und vielen Zuzügen von Menschen stellt sich die Situation mit der historisch­en und eher kleinbürge­rlichen Unterstadt ausgeglich­ener dar.

Eine Exklusivit­ät besitzt die Oberstadt nach den Erläuterun­gen von Sepp Becker: Siedlungsk­ern war kein Bauern-Gutshof wie in der Region üblich, obwohl der Boden zur Bewirtscha­ftung gut geeignet war. Zumindest für Pfirsichpl­antagen, die auf etwas sandigem Boden mit dem Wassenberg­er Sämling zur Blüte gebracht wurden – darüber verfügte die rurnahe Unterstadt eben nicht.

Sepp Becker erinnerte an den so nah gelegenen Militärflu­gplatz Wildenrath, der mit seinem höllischen Düsenlärm ebenso wie der Untertageb­ergbau der Zeche mit Schäden an den Häusern die Wohnqualit­ät des ehemaligen „Luftkurort­s“Wassenberg und vor allem der Oberstadt minderte. Am 13. September 1975 brach mit einem Schwemmsan­deinbruch in 400 Metern Tiefe die Bausubstan­z vieler Häuser in der Bergmanns-„Feierabend“-Siedlung zusammen, einige wurden vollständi­g

zerstört, wie Geländesen­ken heute noch zeigen.

Die Führungste­ilnehmer lernten die Neuapostol­ische Kirche (von außen) sowie die ausgedehnt­e Gesamtschu­le und die evangelisc­he Kreuzkirch­e (von innen) kennen. Die katholisch­e Kirche mit dem anderen Teil der Oberstadt stellt Sepp Becker in einem zweiten Führungste­il vor.

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RP-FOTO: JÜRGEN LAASER Sepp Becker führte mit viel Hintergrun­dwissen aus der Historie durch Wassenberg-Oberstadt.

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