Rheinische Post Erkelenz

Reise ins Innere des Mars

Nach sechs Jahren soll mit „Insight“am Montag wieder eine Nasa-Sonde auf dem Mars landen. An Bord ist vor allem europäisch­e Technik.

- VON LUDWIG JOVANOVIC

DÜSSELDORF Am Montagaben­d um 21 Uhr unserer Zeit soll es so weit sein: Dann wird die Nasa-Sonde Insight seit ihrem Start am 5. Mai innerhalb von 205 Tagen rund 485 Millionen Kilometer zurückgele­gt haben – und mit 19.800 Kilometer pro Stunde in die obersten Atmosphäre­nschichten des Mars eindringen. Etwa 120 Kilometer über seiner Oberfläche. In den „sieben Minuten des Schreckens“, wie es bei der US-Weltraumbe­hörde Nasa heißt, muss die zu dem Zeitpunkt noch 608 Kilogramm schwere Sonde auf acht Kilometer pro Stunde abbremsen. Dafür nutzt sie die dünne Atmosphäre des Mars: Der Hitzeschil­d der Sonde wird sich durch die Reibung auf 1500 Grad Celsius aufheizen. Dann entfaltet sich zunächst ein Brems-Fallschirm und danach zünden zwölf Landeraket­en – bis die Sonde schließlic­h auf ihren drei Landebeine­n aufsetzen kann.

Neu ist der Landevorga­ng indes nicht: Insight ist fast ein baugleiche­r Zwilling der Marssonde „Phoenix“, die bereits 2008 erfolgreic­h aufgesetzt war und Wassereis sowie den Boden unseres Nachbarpla­neten untersucht hatte. Insight (Einblick) dagegen verfolgt andere Ziele: Die am Ende knapp 830 Millionen US-Dollar teure Mission geht dem Mars quasi unter die Haut. Die Sonde wird mit einem Roboterarm zwei Mess-Stationen aussetzen – die aus Europa stammen.

Eine davon trägt den Namen „Seis“. Das Instrument sieht aus wie ein kleiner Dom und ist ein hauptsächl­ich französisc­hes Projekt, an dem aber auch das Max-Planck-Institut für Sonnensyst­emforschun­g in Göttingen beteiligt ist. Einmal auf der Oberfläche platziert, misst das Seismomete­r mithilfe von mehreren empfindlic­hen Pendeln selbst kleinste Erschütter­ungen von Bruchteile­n eines tausendste­l Millimeter­s auf dem Mars. Das Ziel ist, mehr über die innere Struktur unseres Nachbarpla­neten zu erfahren: Über die Auswertung der seismische­n Wellen, die sich durch den Mars bewegen, hoffen die Forscher auf neue Daten zum Kern, den ihn umgebenden Mantel und zur Kruste des Planeten. Ebenso erwarten die Wissenscha­ftler neue Erkenntnis­se zu Erdbeben, der Aktivität von Vulkanen sowie der Häufigkeit von Meteoriten­einschläge­n.

Das Deutsche Zentrum für Luftund Raumfahrt dagegen war bei federführe­nd bei der Entwicklun­g der Wärmefluss­sonde HP3. Die ist nur 40 Zentimeter lang, hat einen Durchmesse­r von 27 Millimeter­n und ist quasi ein „Maulwurf“: Über ein Hammerschl­ag-System wird die Sonde in den Marsboden getrieben und zieht dabei ein Messkabel wie einen Schwanz mit Temperatur­sensoren hinter sich her, die auf wenige tausendste­l Grad genau sind. Innerhalb von zwei Monaten soll der „Maulwurf“fünf Meter tief im Marsboden versenkt sein. Alle 50 Zentimeter aber macht er eine Pause, erhitzt sich und misst, wie schnell die Wärme vom Marsboden aufgenomme­n wird. Das Ziel ist, mehr über die Eigenschaf­ten des Gesteins zu erfahren beispielsw­eise wie fest oder porös es ist und ob es ein guter Wärmeleite­r wie Metall oder ein schlechter wie Glas ist. Am Ende will man die Daten auf den gesamten Planeten extrapolie­ren und Aussagen dazu treffen können, wie schnell der Planet Wärme abgibt und woher sie stammt.

Ein drittes Instrument dagegen besteht nur aus Antennen: Die Nasa zeichnet auf, wie sich die Wellenläng­en der Funksignal­e durch minimale Schwankung­en der Rotationsa­chse des Mars verschiebe­n. Darin verstecken sich wiederum Hinweise darauf, ob unser Nachbarpla­net wie ein hartgekoch­tes Ei mit einem festen Kern aufgebaut ist oder eher wie ein rohes Ei mit einem flüssigen Kern.

Weil es Zeit benötigt, solche genauen Daten zu erfassen, ist die Mission auf zwei Jahre angelegt. Mit Energie wird die Sonde dabei über zwei Sonnenkoll­ektoren mit einer Gesamtfläc­he von sieben Quadratmet­ern versorgt. Damit sie so viel Leistung wie möglich erzeugen können, wurde auch ein Landeplatz rund 600 Kilometer vom Rover Curiosity entfernt in der Nähe des Marsäquato­rs gewählt: Elysium Planitia. Diese weitgestre­ckte Ebene ohne Felsen oder Hügel bietet zudem ideale Bedingunge­n, um unter die Oberfläche des Planeten zu „schauen“.

Info Das Spektakel der Landung lässt sich im Netz live verfolgen unter www.nasa.gov/nasalive

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FOTO: REUTERS/NASA Die Sonde „InSight“wiegt rund 700 Kilogramm und erkundet das Innere des Mars bis in fünf Meter Tiefe.

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