Grau hat bunteste Palette von Farbmetaphorik
Die Künstlervereinigung Canthe zeigt die Ausstellung „Grau zwischen Schwarz und Weiß“im Alten Rathaus Ratheim.
RATHEIM „Grau zwischen Schwarz und Weiß“– Wie praktisch jedes Jahr hatte sich die Gruppe der Künstler im Hückelhovener Kunstverein Canthe ein anspruchsvolles, ein schwieriges Thema für die Jahresausstellung gegeben. Bilder sollten geschaffen werden von der Themenstellung im Frühjahr bis Ende November zur Schau, zwei Meter hoch, einen Meter breit – heißen die weiteren Einschränkungen, die Kreativität in besonderem Maß herausfordert. Und die Ergebnisse der acht teilnehmenden Künstler wertete der Aachener Kunsthistoriker Dr. Dirk Tölke am Freitagabend bei einem Rundgang durchs Alte Rathaus in Ratheim mit einer halben Hundertschaft von Interessenten.
Jürgen Leggewie hatte als stellvertretender Canthe-Vorsitzender die Begrüßung mit Themenanriss übernommen. Grau gelte als eintönig, die Schau werde allerdings „kein vernichtendes Urteil“über die Farbe fällen. Wahrscheinlich hat Grau die bunteste Palette von Farb-Metaphorik, die Dirk Tölke mit einer ganzen Reihe von Zitaten belegte: Grau ist alle Theorie, graue Eminenz, graue Maus – die Farbe biete jedoch eine respektable Menge an Schattierungen. Michael Borgulat verteilt physikalische Elemente wie Scheiben in klaren Schattierungen auf eine Filzfläche, neutral und elegant, wertete der Kunsthistoriker. Die junge Laura-Helene Förster schuf ein klassisches Landschaftsbild, angelehnt an die Graue Phase von Gerhard Richter, Stimmung mit Wasser und Bäumen am Hang entwickelnd.
„Informelles Formspiel“in Kurven und Quadraten bescheinigte
Tölke Henriette Echghis Werk, das sie selbst „In the Dark – Believe“bezeichnet. Peter Roettges, ansonsten für große Holzskulpturen bekannt, hatte, so der Kunsthistoriker, auf einer Stoffbahn ein Fenster in Hell-Dunkel-Verteilung mit einer abstrakten Struktur ermöglicht. Fotograf Helmut Machat hatte, fast eine Außergewöhnlichkeit, ein Eisblumenfenster zu Hause aufgenommen, eine Naturabstraktion, fast kalligrafisch. „Verlorene Linien“auch als Kommentar und Veränderung mit Strandspaziergängen – Janice Orth bescheinigte Tölke für deren aus vier Einzelteilen bestehendes Werk auch „Trübnis als schillernde Fläche“. Mit dem „Tüschenbroicher Wald“hatte Miroslav Sigut ein Landschaftsmotiv gewählt, dem mit „freien Pinselzügen“die Fragestellung gelungen sei, so Tölke, „ist das Spiegelung oder Realität?“.
Geschwärzte Tondämmstoffe mit Höcker-Strukturen hat Gert Jäger mit einem kleinen Bildschirm zu einer Installation kombiniert, die er selbst als „Stilles Grau“, „Stil Grijs“und „Gris Silencieux“betitelt, der Tölke mit der Bewegung auf dem Display eine „besondere Wahrnehmung der Wirklichkeit“zuordnete.
Der Kunsthistoriker schloss, ans Publikum gewandt: „Ich rede jetzt nicht weiter, damit sie keine grauen Haare kriegen.“Für einen guten Teil der Besucher war das allerdings zu spät.