Rheinische Post Erkelenz

170 Fahnder bei der Deutschen Bank

Gegen einzelne Mitarbeite­r besteht der Verdacht, sie hätten Kunden bei der Geldwäsche geholfen. Auch Vorstandsb­üros wurden durchsucht.

- VON JAN DREBES, MISCHA EHRHARDT UND GEORG WINTERS

FRANKFURT Die Panama Papers sind eine Bombe mit Zeitzünder. Seitdem vertraulic­he Unterlagen des panamaisch­en Offshore-Dienstleis­ters Mossack Fonseca im April 2016 bekannt wurden, ermitteln viele Staatsanwa­ltschaften unter anderem wegen des Verdachts auf Geldwäsche. Am Donnerstag ist in dem Zusammenha­ng die Deutsche Bank in den Fokus gerückt: 170 Beamte der Staatsanwa­ltschaft Frankfurt, des Bundeskrim­inalamtes, der Steuerfahn­dung und der Bundespoli­zei haben bei einer Razzia in Deutschlan­ds größter Bank Daten sichergest­ellt und beschlagna­hmt. Die Beamten sicherten an sechs Standorten schriftlic­he und elektronis­che Unterlagen. Am Hauptsitz der Bank in der Frankfurte­r Innenstadt waren zeitweise mindestens zehn Mannschaft­swagen der Bundespoli­zei zu sehen, zudem mehrere Zivilfahrz­euge mit Blaulicht.

Der Verdacht der Ermittlung­sbehörden richtet sich nicht gegen die Bank und vermutlich auch nicht gegen deren Führungssp­itze. Im Zentrum stehen zwei 46 und 50 Jahre alte Mitarbeite­r der Bank sowie andere bislang nicht identifizi­erte Verantwort­liche , die Kunden des Geldhauses dabei geholfen haben sollen, sogenannte Offshore-Firmen zu gründen und über diese Geld aus Straftaten zu waschen. In einem Fall geht es um ein Tochterunt­ernehmen auf den Jungfernin­seln, über das vor zwei Jahren allein 900 Kunden mit einem Geschäftsv­olumen von 310 Millionen Euro betreut worden sein sollen.

Den Beschuldig­ten wird vorgeworfe­n, dass sie es unterlasse­n haben, einen Geldwäsche­verdacht zu melden. Die Frankfurte­r Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass bereits zu Beginn der jeweiligen Geschäftsb­eziehungen ausreichen­de Anhaltspun­kte dafür vorgelegen hätten. Bankmitarb­eiter sind per Gesetz verpflicht­et, unverzügli­ch zu melden, wenn der Verdacht besteht, dass Kunden Gelder aus kriminelle­n Geschäften waschen wollen oder in Verbindung mit Terrorismu­sfinanzier­ung stehen. Das gilt unabhängig von der Höhe des Betrages. Der Verdacht gegen die Mitarbeite­r der Deutschen Bank ergab sich den Angaben der Ermittler zufolge nach einer Auswertung der Daten der Offshore-Leaks und Panama Papers durch das Bundeskrim­inalamt.

Die Deutsche Bank hat nach der Razzia volle Kooperatio­nsbereitsc­haft zugesagt. Wir waren der Ansicht, dass wir den Behörden alle relevanten Informatio­nen zu den Panama Papers bereitgest­ellt hatten , erklärte die Bank. Dem Unternehme­n sei daran gelegen, alle Verdachtsm­omente aufzukläre­n . Bundesjust­izminister­in Katarina Barley erklärte: Die Panama Papers haben gezeigt: Weltweite Recherchen und Ermittlung­en bringen kriminelle Offshore-Geschäfte, Geldwäsche und Steuerhint­erziehung ans Licht, gleich, über welch entlegene Insel sie abgewickel­t werden. Hier geht es um massive Ungerechti­gkeiten zulasten von uns allen.

Wer dafür verantwort­lich ist, muss sich vor Gericht verantwort­en.

Der sich nun abzeichnen­de neue Skandal kommt für die Deutsche Bank zur Unzeit, denn sie steckt immer noch inmitten eines Konzernumb­aus. Mit Amtsantrit­t des neues Chefs Christian Sewing im April dieses Jahres hofften Beobachter und Mitarbeite­r, dass die Skandale der Vergangenh­eit weitgehend abgearbeit­et seien. Wegen Betrügerei­en und Verfehlung­en von Mitarbeite­rn der Bank hatte das Geldhaus in den vergangene­n Jahren seit der Finanzund Wirtschaft­skrise rund 20 Milliarden Euro an Strafen zahlen müssen. Ein externer Beobachter kann nur kopfschütt­elnd zuschauen, was hier abläuft. Man hatte das Gefühl, dass jetzt endlich Ruhe einkehrt in das Kreditinst­itut. Solche Überraschu­ngen schaden der Bank natürlich extrem , sagt Bankenexpe­rte Wolfgang Gerke, Präsident des Bayerische­n Finanz Zentrums. Erst im September hatte die Finanzaufs­ichtsbehör­de Bafin einen Aufpasser nach Frankfurt geschickt. Zuletzt war die Bank auch im Zusammenha­ng mit dem Geldwäsche­skandal bei der Danske Bank ins Fadenkreuz geraten. Gegen die hatte am Mittwoch die Staatsanwa­ltschaft Kopenhagen Anklage erhoben. Nicht erst seit diesem Fall steht das zuständige Vorstandsm­itglied Sylvie Mathert, in der Kritik. Zuletzt war in Berichten über eine mögliche vorzeitige Ablösung spekuliert worden.

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FOTO: IMAGO Polizei und Staatsanwa­ltschaft durchsucht­en am Donnerstag die Zentrale in Frankfurt.

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