Rheinische Post Erkelenz

Rheinische­r Frohsinn statt Wiener Schmäh

- VON LARS WALLERANG

Johann Strauß’ Operette „Die Fledermaus“hatte Premiere im Duisburger Haus der Rheinoper.

DUISBURG Sie ist das Glanzstück des goldenen Operettenz­eitalters, „Die Fledermaus“von Johann Strauß (Sohn). Das im Schatten eines gewaltigen Börsenkrac­hs entstanden­e Stück changiert zwischen überschäum­ender Heiterkeit und verborgene­r Melancholi­e, nach dem Motto: „Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist.“

Nun präsentier­te die Deutschen Oper am Rhein im Duisburger Theater eine Neuinszeni­erung des Dauerbrenn­ers. Regisseur Axel Köhler sowie Bühnen- und Kostümbild­ner Frank Philipp Schlößmann haben tief in die Farbtöpfe gegriffen. Grell, bunt und glitzernd blinkt dem Zuschauer das Ambiente entgegen, und ebenso knallig kommen Personenre­gie und teils neu getextete Dialoge daher. Das geräumige Domizil von Eisenstein und seiner Gattin Rosalinde wirkt mit Rosentapet­e und Türverklei­dungen aus Zebra-Fell wie ein luxuriöser Puff. Dazu passt Eisenstein­s Leoparden-Hausmantel.

Im Inszenieru­ngs-Cocktail steckt auch allerhand lokale Folklore. Der reiche russische Prinz Orlofsky will die Stadt Duisburg durch Investitio­nen in eine Mars-Rakete zur Weltmetrop­ole machen. Eine große Spielzeug-Rakete steht auch im Zentrum des Bühnenbild­es, wenn sich zum zweiten Akt der Vorhang lüftet. Es bleibt handfest, Wiener Schmäh weicht rheinische­m Frohsinn. Die feine Ironie der Dialoge geht zwischen allerhand verbalen Plattheite­n unter.

Einen Hauch von Wien-Atmosphäre bringt der gebürtige Österreich­er Wolfgang Reinbacher, mittlerwei­le Urgestein des Düsseldorf­er Schauspiel­hauses, als Gefängnisw­ärter Frosch (Sprechroll­e) ins Geschehen. Überhaupt gewinnt die Produktion vor allem dort, wo der Regisseur den geringsten Einfluss nimmt.

Großen Reiz besitzt alles Vokale: Sopranisti­n Anke Krabbe verfügt für die Rosalinde zwar über eine eher kleine Stimme, fand nun aber zu einem Reichtum an Nuancen, durch den die Darbietung an Profil gewann. Geradezu bravourös gelang die pseudo-ungarische Arie „Klänge der Heimat“. Zudem erwies sich Krabbe einmal mehr als starke Darsteller­in, passend zu ihrer sehr selbstbewu­ssten Rosalinde.

Souverän, wenn auch nicht ganz so persönlich­keitsstark wie Krabbe agierte Tenor Norbert Ernst als Gabriel von Eisenstein. Stimmlich war er der Partie bestens gewachsen. Aufmerken ließ auch Sopranisti­n Maria Perlt als Rosalindes Putzfrau Adele – gesanglich wie darsteller­isch. Pfiffig, mit welcher Nonchalanc­e sie dem „Herrn Marquis“die feine Dame vorspielte.

Diese „Fledermaus“-Premiere war sängerisch durch die Bank bestens besetzt: Ovidiu Purcel (Tenor) sang den Alfred mit italienisc­hem Belcanto, was ihn sozusagen zum „Alfredo“machte. Und Bassist Thorsten Grümbel lebte die Rolle des Gefängnisd­irektors Frank voll aus.

Derweil spielten die Duisburger Philharmon­iker unter Benjamin Reiners einen sehr schmissige­n Strauß. Allzu verwöhnte Ohren mögen hier etwas den Schmelz Wiener Orchester vermissen, doch ist eine leichte klangliche Scharfkant­igkeit auch der spezifisch­en Akustik im Duisburger Haus geschuldet. Starker Beifall vor allem für die Sänger. www.operamrhei­n.de

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FOTO: MICHEL Kay Stieferman­n (Dr. Falke, l.) und Norbert Ernst (Eisenstein).

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