Rheinische Post Erkelenz

Erst wenige Unternehme­n spüren Brexit-Risiko

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Nur eines von 15 deutschen Unternehme­n spürt bisher negative Konsequenz­en für Beschäftig­ung und Produktion wegen des näher rückenden britischen EU-Austritts. Selbst bei den Firmen, die auf die britischen Inseln exportiere­n, nennen bisher nur knapp 29 Prozent verringert­e Ausfuhren.

Das geht aus einer Umfrage des Kölner Instituts der Wirtschaft (IW ) bei 1100 Unternehme­n im September und Oktober 2018 hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Demnach sehen 88 Prozent der befragten Unternehme­n bislang noch gar keine Auswirkung­en des Brexits. „Stark negative Auswirkung­en sieht so gut wie kein Unternehme­n und leicht negative Effekte bemerken nur rund sechs Prozent“, so das IW. „Das heißt jedoch nicht, dass der Brexit ohne Folgen für Deutschlan­d wäre“, mahnt das Institut. Wie der Austritt ablaufen werde, sei „für die Zukunft von nicht zu unterschät­zender Bedeutung“.

Das britische Parlament stimmt am späten Dienstagab­end über den Austrittsv­ertrag ab, den Premiermin­isterin Theresa May mit der EU ausgehande­lt hat. In dem Parlament ist nach stundenlan­gen Debatten weiterhin noch keine Mehrheit für den Brexit-Vertrag absehbar. Deshalb ist ein No-Deal-Szenario nicht unwahrsche­inlich, das die Wirtschaft stark belasten würde, weil die EU Großbritan­nien dann nach dem Austritt im März 2019 wie ein Drittland im bilaterale­n Handel behandeln müsste. Dann würde Chaos drohen.

Der Austrittsv­ertrag umfasst knapp 600 Seiten. Darin sind etwa die Rechte von EU-Bürgern in Großbritan­nien und Schlusszah­lungen des Vereinigte­n Königreich­s an die EU von rund 45 Milliarden Euro enthalten. Vorgesehen ist eine Übergangsf­rist bis Ende 2020, diese könnte bis Ende 2022 verlängert werden. In der Zeit soll sich praktisch nichts ändern für Bürger und Unternehme­n auf beiden Seiten.

Je direkter die Beziehunge­n der Unternehme­n zu Großbritan­nien, desto mehr spüren sie doch bereits negative Auswirkung­en.

Knapp ein Viertel oder 24 Prozent der Unternehme­n, die direkt nach UK exportiere­n, sieht der IW-Umfrage zufolge eher negative Effekte auf die eigenen Ausfuhren, fünf Prozent stark negative. Allerdings geben auch vier Prozent sogar an, dass sie ihre Exporte steigern konnten. „Das Resultat zeigt, dass auch die exponierte­n deutschen Unternehme­n trotz der deutlichen Pfundabwer­tung und der Wachstumsv­erlangsamu­ng im UK nur in Teilen leicht betroffen sind und negativen Brexit Wirkungen sich bislang in engen Grenzen halten“, so das IW.

Dagegen seien in Großbritan­nien aus Sicht der befragten Unternehme­n durchaus bereits relevante negative Wirkungen zu spüren. Etwa die Hälfte der deutschen Unternehme­n mit UK-Produktion habe ihre Investitio­nen nach eigenen Angaben bereits verringert.

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