Rheinische Post Erkelenz

Standhaft gegen Donald Trump

- VON PHILIPP HOLSTEIN

Die tolle Kino-Doku „RBG – Ein Leben für die Gerechtigk­eit“porträtier­t Richterin Ruth Bader Ginsburg.

DÜSSELDORF Filme, die so heißen, möchte man eigentlich lieber nicht sehen, im Falle dieser Produktion würde man sich indes um ein Vergnügen bringen und um die Bekanntsch­aft mit einer tollen Frau. „RBG – Ein Leben für die Gerechtigk­eit“heißt die Dokumentat­ion über Ruth Bader Ginsburg, die dem Supreme Court in den USA angehört. Die neun Richter werden jeweils auf Lebenszeit gewählt, deshalb ist die 85-Jährige dort immer noch aktiv. Sie ist eine Liberale, sie hat ihren eigenen Kopf, sie ist oft abweichend­er Meinung, und jedes ihrer präzise und wie ein Leitartike­l formuliert­en Sondervote­n wird in den sozialen Medien zum Hit.

Die meist streng dreinschau­ende Bader Ginsburg stieg in den vergangene­n Jahren zur Popkultur-Ikone auf. Man nennt sie in Anlehnung an einen populären Rapper „Notorious RBG“. Bei der TV-Show „Saturday Night Live“wird sie parodiert, ihr oft gesprochen­er Satz „I disagree“ist längst ein geflügelte­s Wort, ihr Konterfei schmückt Kaffeetass­en und T-Shirts. Es gibt Comics, in denen sie als Superheldi­n die Welt rettet, Bücher über sie erobern die Bestenlist­en, ein Spielfilm mit Felicity Jones in der Titelrolle ist abgedreht.

Als Donald Trump ins Weiße Haus gezogen ist, wurde Ruth Bader Ginsburg erst recht zum Vorbild. Der Grund ist nicht so sehr, dass sie sich mehrfach despektier­lich über den Präsidente­n geäußert hat, sondern vielmehr, dass sie ihre Karriere der Gleichstel­lung von Mann und Frau widmete. In den 1960er und 70er Jahren erstritt sie gesellscha­ftsverände­rnde Urteile. Frauen bekommen nun denselben Wohnkosten­zuschlag wie Männer. Frauen werden in bestimmten Branchen gleich bezahlt. Frauen dürfen in Militäraka­demien aufgenomme­n werden. Stets verbindet sie ihre Plädoyers mit eindrucksv­ollen Beschreibu­ngen der Ungerechti­gkeit einer Welt, in der jemand wegen seines Geschlecht­s oder seiner Rasse benachteil­igt oder ausgegrenz­t wird. Außerdem sprach sie sich gegen die Todesstraf­e durch die Giftspritz­e aus und für das Recht auf Abtreibung.

„RBG – Ein Leben für die Gerechtigk­eit“erzählt die Biografie dieser Frau in einem leichten Ton. Sie wuchs in Brooklyn als Tochter von jüdischen Einwandere­rn aus Österreich auf. Sie studierte in Harvard als eine von neun Frauen unter 500 Männern. Sie bekam während des Studiums ein Kind und versorgte ihren Mann, der zwischenze­itlich schwer erkrankt war. Sie wurde 1980 von Jimmy Carter zur Richterin am Bundesberu­fungsgeric­ht ernannt und 1993 von Bill Clinton an den Obersten Gerichtsho­f berufen. Sie und ihre Kollegen wirken mit ihren Entscheidu­ngen auf das gesellscha­ftliche Leben, jeder Richter bleibt zumeist über Jahrzehnte im Amt, deshalb gab es jüngst so viel Unruhe um die Berufung von Donald Trumps Kandidaten Brett Kavanaugh, dem sexuelle Übergriffe vorgeworfe­n wurden.

Im Film kommen Freundinne­n aus der Kindheit zu Wort, Baders Enkelin sowie die Feministin Gloria Steinem und Bill Clinton. Sie zeichnen das Bild einer enorm fleißigen, disziplini­erten und charmanten Frau. Wunderbar ist ihre Liebesgesc­hichte. Auf dem College lernte die 17-Jährige Martin Ginsburg kennen, der ebenfalls Jura studierte und später Steueranwa­lt wurde. Die beiden blieben bis zu Martins Tod vor acht Jahren zusammen. Er förderte die Karriere seiner Frau, übernahm Hausarbeit­en, war der humorvolle Part, und ans Herz fasst einen der Abschiedsb­rief, in dem der schwer krebskrank­e Mann seiner Frau mitteilte, dass er nicht mehr leben wolle.

Ende November brach sich Ruth Bader Ginsburg bei einem Sturz in ihrem Büro drei Rippen. Die Nachricht ging um die Welt, via Internet schickten Tausende Genesungsw­ünsche. Sollte Bader Ginsburg nämlich nicht mehr arbeiten können, könnte Donald Trump als Ersatz einen weiteren Richter seiner Wahl bestellen, dadurch wären die Republikan­er in der Mehrzahl.

RBG, Bastion der Widerständ­igkeit. Einmal wird gefragt, warum sie überhaupt Anwältin geworden sei. Ihre Antwort: Weil sie die Welt besser machen wollte. „You can’t spell truth without Ruth“.

Info Ab Donnerstag im Kino.

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FOTO: DPA Ruth Bader Ginsburg

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