Standhaft gegen Donald Trump
Die tolle Kino-Doku „RBG – Ein Leben für die Gerechtigkeit“porträtiert Richterin Ruth Bader Ginsburg.
DÜSSELDORF Filme, die so heißen, möchte man eigentlich lieber nicht sehen, im Falle dieser Produktion würde man sich indes um ein Vergnügen bringen und um die Bekanntschaft mit einer tollen Frau. „RBG – Ein Leben für die Gerechtigkeit“heißt die Dokumentation über Ruth Bader Ginsburg, die dem Supreme Court in den USA angehört. Die neun Richter werden jeweils auf Lebenszeit gewählt, deshalb ist die 85-Jährige dort immer noch aktiv. Sie ist eine Liberale, sie hat ihren eigenen Kopf, sie ist oft abweichender Meinung, und jedes ihrer präzise und wie ein Leitartikel formulierten Sondervoten wird in den sozialen Medien zum Hit.
Die meist streng dreinschauende Bader Ginsburg stieg in den vergangenen Jahren zur Popkultur-Ikone auf. Man nennt sie in Anlehnung an einen populären Rapper „Notorious RBG“. Bei der TV-Show „Saturday Night Live“wird sie parodiert, ihr oft gesprochener Satz „I disagree“ist längst ein geflügeltes Wort, ihr Konterfei schmückt Kaffeetassen und T-Shirts. Es gibt Comics, in denen sie als Superheldin die Welt rettet, Bücher über sie erobern die Bestenlisten, ein Spielfilm mit Felicity Jones in der Titelrolle ist abgedreht.
Als Donald Trump ins Weiße Haus gezogen ist, wurde Ruth Bader Ginsburg erst recht zum Vorbild. Der Grund ist nicht so sehr, dass sie sich mehrfach despektierlich über den Präsidenten geäußert hat, sondern vielmehr, dass sie ihre Karriere der Gleichstellung von Mann und Frau widmete. In den 1960er und 70er Jahren erstritt sie gesellschaftsverändernde Urteile. Frauen bekommen nun denselben Wohnkostenzuschlag wie Männer. Frauen werden in bestimmten Branchen gleich bezahlt. Frauen dürfen in Militärakademien aufgenommen werden. Stets verbindet sie ihre Plädoyers mit eindrucksvollen Beschreibungen der Ungerechtigkeit einer Welt, in der jemand wegen seines Geschlechts oder seiner Rasse benachteiligt oder ausgegrenzt wird. Außerdem sprach sie sich gegen die Todesstrafe durch die Giftspritze aus und für das Recht auf Abtreibung.
„RBG – Ein Leben für die Gerechtigkeit“erzählt die Biografie dieser Frau in einem leichten Ton. Sie wuchs in Brooklyn als Tochter von jüdischen Einwanderern aus Österreich auf. Sie studierte in Harvard als eine von neun Frauen unter 500 Männern. Sie bekam während des Studiums ein Kind und versorgte ihren Mann, der zwischenzeitlich schwer erkrankt war. Sie wurde 1980 von Jimmy Carter zur Richterin am Bundesberufungsgericht ernannt und 1993 von Bill Clinton an den Obersten Gerichtshof berufen. Sie und ihre Kollegen wirken mit ihren Entscheidungen auf das gesellschaftliche Leben, jeder Richter bleibt zumeist über Jahrzehnte im Amt, deshalb gab es jüngst so viel Unruhe um die Berufung von Donald Trumps Kandidaten Brett Kavanaugh, dem sexuelle Übergriffe vorgeworfen wurden.
Im Film kommen Freundinnen aus der Kindheit zu Wort, Baders Enkelin sowie die Feministin Gloria Steinem und Bill Clinton. Sie zeichnen das Bild einer enorm fleißigen, disziplinierten und charmanten Frau. Wunderbar ist ihre Liebesgeschichte. Auf dem College lernte die 17-Jährige Martin Ginsburg kennen, der ebenfalls Jura studierte und später Steueranwalt wurde. Die beiden blieben bis zu Martins Tod vor acht Jahren zusammen. Er förderte die Karriere seiner Frau, übernahm Hausarbeiten, war der humorvolle Part, und ans Herz fasst einen der Abschiedsbrief, in dem der schwer krebskranke Mann seiner Frau mitteilte, dass er nicht mehr leben wolle.
Ende November brach sich Ruth Bader Ginsburg bei einem Sturz in ihrem Büro drei Rippen. Die Nachricht ging um die Welt, via Internet schickten Tausende Genesungswünsche. Sollte Bader Ginsburg nämlich nicht mehr arbeiten können, könnte Donald Trump als Ersatz einen weiteren Richter seiner Wahl bestellen, dadurch wären die Republikaner in der Mehrzahl.
RBG, Bastion der Widerständigkeit. Einmal wird gefragt, warum sie überhaupt Anwältin geworden sei. Ihre Antwort: Weil sie die Welt besser machen wollte. „You can’t spell truth without Ruth“.
Info Ab Donnerstag im Kino.