Blutiges Ende einer zweitägigen Jagd
Chérif Chekatt, der Attentäter von Straßburg, ist tot. Gegenüber einem Taxifahrer soll er sich mit seiner Tat gebrüstet haben.
STRASSBURG Die Suche nach Chérif Chekatt dauerte ziemlich genau 48 Stunden: Zwei Tage nach dem Anschlag in der Altstadt von Straßburg wurde der 29-Jährige am Donnerstagabend von der Polizei erschossen. Der mutmaßliche Attentäter war nach dem Anschlag, bei dem drei Menschen starben, im Stadtteil Neudorf untergetaucht. Dort spürte ihn die Polizei am Donnerstag auf. Der meistgesuchte Mann Frankreichs eröffnete das Feuer auf die Beamten, die es laut dem Radiosender France Info erwiderten und ihn dabei töteten.
Der Attentäter hatte am Dienstagabend mitten in der Vorweihnachtszeit das Feuer in der Straßburger Innenstadt eröffnet. Zeugen hatten ihn nach Angaben des Chefermittlers Rémy Heitz „Allahu Akbar“(„Gott ist groß“auf Arabisch) rufen hören. Anschließend war er auf der Flucht vor der Polizei von Soldaten verletzt worden und schließlich untergetaucht.
Die Zahl der Todesopfer des Anschlags war zuletzt von zwei auf drei gestiegen. Ein viertes Opfer sei hirntot, bestätigte die Staatsanwaltschaft der Deutschen Presse-Agentur in Paris. Ermittler nahmen am Donnerstag einen weiteren Verdächtigen aus dem Umfeld des mutmaßlichen Attentäters in Gewahrsam. Er gehöre nicht zur Familie Chekatts, hieß es.
Am Mittwochabend hatte die Polizei ein Fahndungsfoto veröffentlicht, auf dem ein dunkelhaariger Mann mit Bart und einem Mal auf der Stirn zu sehen war. Es ist der Gebetsfleck der besonders gläubigen Muslime. Der stellvertretende Innenminister Laurent Nuñez hatte zunächst nicht ausgeschlossen, dass Chekatt nach Deutschland geflohen sein könnte. Der mutmaßliche Attentäter, der selbst kein Wort Deutsch sprach, hatte in Deutschland wegen zwei Überfällen bis 2017 eine Haftstrafe verbüßt.
Kurz vor dem Anschlag in Straßburg soll er laut RBB-Inforadio einen Anruf aus Deutschland erhalten haben, den er aber nicht annahm. Die Grenzkontrollen nach Deutschland und in die Schweiz, wo der 29-Jährige ebenfalls schon im Gefängnis saß, wurden verstärkt.
Mehr als 700 Polizisten waren auf der Spur des mutmaßlichen Angreifers, die sich in Neudorf, nur zwei Kilometer von der Altstadt entfernt, hinter einer Garage verloren hatte. Dorthin hatte ein Taxifahrer Chekatt gefahren. „Weißt du, was ich getan habe? Ich habe Menschen getötet. Als Vergeltung für unsere toten Brüder in Syrien“, sagte er auf der nur drei Minuten dauernden Tour laut Ermittlerkreisen, auf die sich France 2 beruft. „Die Polizei hat heute Morgen meine Wohnung durchsucht. Dabei haben sie eine Granate gefunden“, rühmte sich Chekatt, der dem Chauffeur auch seine Verletzung am Arm zeigte.
Der Taxifahrer meldete sich, sofort nachdem er seinen gefährlichen Kunden abgesetzt hatte, bei der Polizei. Er geht davon aus, dass sein Fahrgast ihn verschonte, weil er gläubiger Muslim ist. In seinem Auto hatte der Fahrer mehrere muslimische Symbole, unter anderem eine Gebetskette am Rückspiegel.
Chekatt war schon seit 2015 im Visier der Ermittler. Der 27 Mal verurteilte Kriminelle wurde im Gefängnis zum radikalen Islamisten und galt als Gefährder, der wie rund 10.000 andere den Sicherheitsvermerk „S“trug. „Er wurde ziemlich ernsthaft beobachtet“, sagte Nuñez. Der Inlandsgeheimdienst soll das Telefon des Mannes abgehört und ihn beschattet haben. Unterbrochen wurde diese Beobachtung nur während der Haftzeit in Deutschland. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich im vergangenen Jahr unternahm Chekatt im August zusammen mit drei Freunden einen Erpressungsversuch, bei dem sein Opfer schwer verletzt wurde. Die Staatsanwaltschaft Straßburg leitete Vorermittlungen wegen Totschlagversuchs und Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung ein.
Am Dienstagmorgen wollten die Polizisten die Bande festnehmen, schnappte aber nur drei der Mitglieder. Chekatt entkam. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fanden die Beamten die Granate, ein Gewehr, Munition und vier Messer. Zeichen, dass er im Namen der Terrormiliz IS handelte, entdeckten die Polizisten aber nicht. Die Suche nach Chekatt erinnerte die Franzosen an die Tage nach den Anschlägen auf die Satirezeitung „Charlie Hebdo“in Paris. Damals dauerte es 53 Stunden, bis die Polizei die Täter, die Brüder Kouachi, aufspürte.
Drei Tage nach dem tödlichen Anschlag soll der traditionelle Weihnachtsmarkt im Herzen Straßburgs an diesem Freitag wieder für Besucher geöffnet werden. Das kündigte der französische Innenminister Christophe Castaner an. (mit dpa)