„Die Zeit im Gefängnis war sehr prägend“
Fortunas Sportvorstand spricht über seine spektakuläre Vita, seine Verpflichtungen im Winter und seine Visionen.
DÜSSELDORF Seit knapp zwei Monaten ist Lutz Pfannenstiel Fortunas Sportvorstand. In dieser Zeit hat der 45-jährige Niederbayer aus Zwiesel Spieler verkauft, Spieler geholt und die Funkel-Krise durchgestanden. Am Donnerstag war er zu Gast in unserer Redaktion, um sein erstes großes Interview in neuer Funktion zu geben.
PFANNENSTIEL Diese Emotion habe ich am Ende positiv und nicht negativ wahrgenommen. Ich sehe: Hier kann man gemeinsam etwas bewegen.
Sie sitzen im Vorstand neben dem Vorsitzenden Robert Schäfer und dem ehrenamtlichen Sportvorstand Erich Rutemöller. Wie wichtig ist es, sich in diesem Gremium freizuschwimmen und jetzt Pflöcke einzuschlagen?
PFANNENSTIEL Das Zusammenspiel funktioniert hervorragend. Meine Kernkompetenz ist der Sport, dafür bin ich verantwortlich. Aber das geschieht in enger Abstimmung mit Erich, den ich seit vielen Jahren kenne. Das Dreigestirn funktioniert sehr gut.
Sie haben keine bestehende Position besetzt, sondern eine neu geschaffene. Dadurch kommt es automatisch zu Reibung, da Kompetenzen neu verteilt werden. Wie ist ihr Kontakt zur Scouting-Abteilung um Kaderplaner Uwe Klein? PFANNENSTIEL Ich habe mit allen Beteiligten wie Uwe Klein oder Robert Palikuca einen engen und intensiven Kontakt. Wir haben sehr gut im Januar zusammengearbeitet. Es gab die Liste der Fortuna-Scoutingabteilung mit interessanten Spielern und meine. Da gab es viele Überschneidungen.
Auf welcher Liste stand Kownacki? PFANNENSTIEL Der stand auf der Mannschaftsliste von Sampdoria Genua. Uwe Klein ist jedenfalls ein erfahrener Mann, der ist lange im Geschäft, der weiß, welche Zielmärkte wir haben.
Und welche sind das? PFANNENSTIEL Wir orientieren uns an der Reserverunde der Premier League, an Holland, Belgien, Österreich, Schweiz. Und man muss die exotischeren Märkte wie Südamerika oder Südafrika im Auge behalten.
Nehmen Sie uns mit in die Transferphase. Wie läuft das ab? PFANNENSTIEL Ich hatte im vergangenen Jahr zum Beispiel kein Weihnachten. Mein linkes Ohr hat geglüht vom Telefonieren. Meine Frau hat das nicht als sehr familiär wahrgenommen. Aber das ist eine wichtige Zeit, bevor alle ins Trainingslager fahren. Da muss man fleißig sein. Am 31. Januar steht dann das Finanzielle im Vordergrund. Viele Transfers werden künstlich hinausgezögert, damit der abgebende Verein möglichst viel Geld herausschlagen kann.
Shinji Kagawa war schon fast in Hannover und ist dann doch von Dortmund zu Besiktas gewechselt. PFANNENSTIEL Viele Fans haben mich angesprochen: ,Warum schlaft ihr denn alle und holt nicht den Kagawa?
Der wohnt in Düsseldorf.’ Ich sagte dann: Ich habe von Kagawa geträumt. Aber als ich mich mit den Dortmunder Verantwortlichen über die Finanzen ausgetauscht hatte, bekam ich Alpträume. Der BVB spielt finanziell in einer anderen Liga als wir. Ein Spieler wie Kagawa ist für uns nie und nimmer machbar. Ganz einfach.
Wie würden Sie den Beziehungsstatus zu Friedhelm Funkel bezeichnen?
PFANNENSTIEL Wir hatten und haben ein gutes Verhältnis, das nach der Kennenlernphase immer intensiver wird. Es ist ein gesunder Austausch.
Wie funktioniert das Netzwerk Lutz Pfannenstiel?
PFANNENSTIEL Netzwerke zu bauen und zu haben, ist in meiner Funktion sehr wichtig. Man kennt sich in der Bundesliga auf dieser Ebene. Für mich ist mein internationales Netzwerk wichtiger – vor allem nach England, nach Belgien, nach Holland, nach Brasilien, in die afrikanischen Länder. Global gut aufgestellt zu sein, ist enorm wichtig, um schneller informiert zu werden als andere, wo interessante Spieler sind.
Welche Visison haben Sie denn von Fortuna Düsseldorf?
PFANNENSTIEL Für uns ist klar, wir wollen uns in der Bundesliga etablieren. Wir wollen in eine Saison gehen, ohne zu wissen, dass wir sowieso gegen den Abstieg spielen. Eintracht Frankfurt ist ein gutes Beispiel, das von den Voraussetzungen vor ein paar Jahren mit Fortuna heute zu vergleichen ist. Fredi Bobic hat daraus in vier, fünf Jahren einen Verein gemacht, der nun Spieler mit zweistelligen Millionenmarktwerten hat, der zwei Mal im Pokalfinale war, die Bayern geschlagen hat und nun in Europa gegen große Klubs gewinnt. Wenn das ein Verein wie die Eintracht so hinkriegt, dann ist vieles im Fußball möglich.