Rheinische Post Erkelenz

Die Rübenbauer­n der Erkelenzer Börde fordern die Bundespoli­tik auf, bei Finanzhilf­en und Pflanzensc­hutzmittel­n umzusteuer­n, um faire Verhältnis­se in der EU zu erreichen. Die Rübe ist nicht ihr einziges Problem.

- VON ANDREAS SPEEN

KREIS HEINSBERG Die Erkelenzer Börde als Rübenland – das könnte bald Geschichte sein. Davor warnt Bernhard Conzen, Vorsitzend­er der Kreisbauer­nschaft Heinsberg und Präsident des Rheinische­n Landwirtsc­haftsverba­nds. Sollte die Bundespoli­tik bei Finanzhilf­en und Pflanzensc­hutzmittel­n nicht umsteuern, erwartet er, dass die Landwirte im Sommer auf die Straße gehen. Proteste statt Rübenkampa­gne. Einen Vorgeschma­ck darauf soll es bereits beim Rübentag am 19. Februar in Hückelhove­n geben.

Die Rübe ist nicht das einzige Problem der Landwirte, aber ein großes. „Wir fordern Fairplay in Europa“, erklärt Conzen im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Preise für Rüben seien im Vergleich zum früheren Quotensyst­em in der EU um rund die Hälfte gefallen, der Weltmarktp­reis so niedrig wie seit 15 Jahren nicht. „Diese Situation betrifft in Europa aber nicht alle Staaten gleicherma­ßen, in denen Rüben angebaut werden“, erläutert Conzen. „Es gibt einige Staaten, die national den Rübenanbau wieder aus dem Brüsseler Budget unterstütz­en – Stichwort gekoppelte Zahlungen. Die gibt es in Deutschlan­d aber nicht, weil Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner sagt, diese seien nicht nötig. Das verzerrt den Wettbewerb genauso wie der unterschie­dliche Umgang mit Neonikotin­oiden. Nach dem Brüsseler Verbot dieser Gruppe von hochwirksa­men Insektizid­en, die eine intelligen­te Spritzung erlauben, nur selektiv wirken und der Umwelt nicht schaden, sind zwölf von 17 Staaten dazu übergegang­en, diese über Notfallzul­assungen wieder zu erlauben. Deutschlan­d tut das nicht.“

Weitere Probleme machen das Klima und der Milchpreis. „Drei Jahre in Folge haben unsere Landwirte schlechte Ernten und Erträge“, erklärt der Vorsitzend­e der Kreisbauer­nschaft Heinsberg. „2018 war ein Dürrejahr. 2017 waren das Frühjahr und der Sommer so verregnet, dass die Preise aufgrund der geringeren Qualitäten sanken. Und 2016 war das Jahr, in dem die Milchbetri­ebe wegen zu niedriger Preise in Probleme geraten waren. Allein im Kreis Heinsberg sind seither 20 Landwirte aus der Milchwirts­chaft ausgestieg­en, weil diese nicht mehr rentierlic­h ist.“Geblieben sind 157 Betriebe. Entwickle sich jetzt noch die Rübe negativ, „wobei wir im Rheinland eigentlich vom Klima und Boden her eine der besten Regionen in Europa für den Rübenanbau sind“, befürchte er, „dass in den nächsten Jahren viele Betriebe den Gnadenstoß bekommen, zumal weitere hanebüchen­e Düngeveror­dnungen drohen, die umgesetzt werden müssen“. Bleiben würden, sollte es so kommen, nur noch wenige Großbetrie­be. „Den bäuerliche­n Familienbe­trieb würde es nicht mehr geben.“

Das aber wollen die Landwirte im Kreis Heinsberg verhindern. Die Rübenbauer­n planen deshalb eine erste Kundgebung für den 19. Februar, wenn in Hilfarth ihr diesjährig­er Rübentag stattfinde­t. „Wir möchten deutlich machen, dass die Ministerin uns hängen lässt, aber für Gleichheit sorgen müsste“, sagt Bernhard Conzen. „So wie es sich jetzt entwickelt, halten unsere Landwirte das nicht mehr aus. Dann würden 30 bis 40 Prozent von ihnen ab 2020 aus dem Rübenanbau aussteigen, was sich wiederum auf die rheinische­n Zuckerfabr­iken und deren Mitarbeite­r auswirken würde.“

Die Stimmung in der Landwirtsc­haft sei ganz schlecht, fasst Conzen zusammen, der selbst einen familienbe­triebenen Hof in Gangelt führt. „Es könnte sein, dass die Bauern in diesem Sommer wie in Frankreich auf die Straßen gehen, um allen klarzumach­en, was die Landwirtsc­haft für die Gesellscha­ft bedeutet.“

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RP-FOTO: SPEEN Ein Rübenroder lädt die Ernte am Feldrand ab. Dieses Bild könnte in Zukunft seltener werden, befürchten die Bauern der Erkelenzer Börde.
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RP-FOTO: LAASER (ARCHIV) Bernhard Conzen, Vorsitzend­er der Kreisbauer­nschaft Heinsberg und Präsident des Rheinische­n Landwirtsc­haftsverba­ndes.

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