Rheinische Post Erkelenz

Eine hilfreiche Niederlage

Am vierten Spieltag kassierte Borussia bei Hertha BSC eine 2:4-Niederlage, es war der erste Rückschlag der Saison. Doch hatte das Spiel rückblicke­nd vielleicht auch einen wichtigen Lerneffekt.

- VON KARSTEN KELLERMANN

Es gab nicht sonderlich viele unschöne Erlebnisse für die Borussia in dieser Saison. Wie üblich hatte die Dienstreis­e zum SC Freiburg kein glückliche­s Ende. Auch die Spitzenspi­ele bei RB Leipzig (0:2) und Borussia Dortmund (1:2) gingen verloren. Zudem gab es das 0:5 im DFB-Pokal gegen Bayer Leverkusen. Und dann war da noch die Fahrt nach Berlin. 2:4 unterlag Gladbach. Trainer Dieter Hecking will nichts davon wissen, dass Borussia an diesem Tag in der Hauptstadt entschlüss­elt wurde, doch genau genommen war es so: In diesem Spiel führte Hertha BSC mehr als jeder andere Gegner in dieser Spielzeit vor, wie gespielt werden muss gegen Heckings 4-3-3-System.

Hertha ließ sich vom Pressing der Borussen nicht locken, sondern schaffte es im Gegenteil immer wieder, den Ball hinter die beiden Achter Jonas Hofmann und Denis Zakaria zu bringen. Dadurch öffneten sich Räume. Auch die Gladbacher Außenstürm­er arbeiteten an dem Tag nicht seriös nach hinten, gerade auf der rechten Seite, wo Fabian Johnson spielte, taten sich Löcher auf.

„Die Berliner haben damals mit Kalou oft eine Überzahl auf der rechten Seite geschaffen, die uns sehr wehgetan hat. Allerdings hatten wir insgesamt zu viele Fehler in unserem Spiel“, sagte Hecking. Nico Elvedi, an dem Tag rechter Verteidige­r, bekam es dann oft mit zwei Berlinern zu tun und war oft überforder­t. Da Javairô Dilrosun auch noch einen ausgezeich­neten Tag erwischt hatte, hagelte es vor der Pause förmlich Flanken in den Gladbacher Strafraum.

Für Fabian Johnson, der den Elfmeter herausholt­e, den Thorgan Hazard zum frühen 1:0 verwandelt­e. Dann aber kickte Johnson zu sorglos, und es wurde ein wegweisend­es Spiel für ihn. Der US-Amerikaner war einer der großen Gewinner der Vorbereitu­ng gewesen, in der er starke Spiele als Flügelstür­mer gemacht hatte. Beim 2:0 gegen Leverkusen hatte er nach einer feinen Kombinatio­n mit Raffael auch getroffen. In Berlin musste er nach 45 Minuten raus, seither stand er nur noch zweimal in der Startelf, das war gegen Nürnberg und Dortmund jeweils als rechter Verteidige­r. Dass sich der Trend im Rückspiel gegen die Hertha ändern wird was Johnson angeht, ist nicht zu erwarten.

Auch für Hertha, das mit dem Sieg im ersten Treffen mit Borussia in dieser Saison den besten Ligastart der Vereinsges­chichte perfekt machte, ging es nicht so rosig weiter, weil die Konstanz fehlte. Das Spiel gegen Gladbach war mit das Beste, was die Berliner in dieser Saison auf den Rasen brachten. Die vier Gegentore, die es in Berlin gab, sind derweil die schlechtes­te Liga-Bilanz der Borussen-Defensive in dieser Saison, es ist fast ein Viertel aller Gegentore (18) dieser Bundesliga-Saison. Der zweite große Ausreißer war das Pokalspiel gegen Bayer. „Es war beeindruck­end, wie Hertha den Gegner

beherrscht­e“, resümierte der Berliner „Tagesspieg­el“.

„Das war Spaß“, befand Berlins Trainer Dardai. Für die Borussen war es indes ein Schock-Erlebnis, vielleicht aber rückblicke­nd auch ein elementare­s und heilsames Erlebnis. Vor allem wurde deutlich, dass das neue Konzept kein Selbstläuf­er ist, sondern nur aufgeht, wenn sich jeder strikt an die Aufgabenst­ellung hält. Das war in Berlin nicht so. „Wir waren als Team nicht so kompakt, haben nicht gut zusammenge­arbeitet“, gestand Hazard.

Wenn es so etwas gibt, dann war es eine hilfreiche Niederlage, so wie es auch die missratene­n Testspiele der Wintervorb­ereitung gegen Magdeburg (1:2) und Lüttich (0:2) waren. „Wir erinnern uns an die beiden Spiele, da war von dem Selbstvers­tändnis nichts zu sehen. Wenn wir nicht konzentrie­rt sind, gibt es solche Spiele“, sagte Hecking nach dem 2:0 auf Schalke am vergangene­n Samstag. „Solche Spiele“– dazu gehört auch das Hinspiel bei der Hertha. Eine Mahnung, dass Leichtfert­igkeit böse abgestraft wird. Ein zweites unschönes Erlebnis soll es beim Gegenbesuc­h der „alten Dame“nicht geben. Hecking zieht unter anderem aus der Berlin-Reise im September die Erkenntnis, wie man es gegen Dardais Team nicht machen darf. „Es ist eine sehr disziplini­erte und zielstrebi­ge Mannschaft, die nicht viele Chancen braucht, um erfolgreic­h zu sein. Darauf müssen wir uns einstellen und Lösungen finden“, sagte Hecking.

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FOTO: DPA „Das darf doch nicht wahr sein“: Die Berlin-Reise im September 2018 hat Dieter Hecking wenig Freude bereitet. Doch war das unschöne Erlebnis vielleicht hilfreich.

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