Miele will 100 Millionen Euro sparen
Der Familienkonzern lässt sich von McKinsey helfen. Per Video-App lässt sich bei einem neuen Ofen die Bräune kontrollieren.
GÜTERSLOH Wie lässt sich bewerten, ob ein Brot im Ofen fertig ist? Einfach draufschauen. Dies ermöglicht Miele nun digital: Eine hitzebeständige HD-Kamera überträgt die Videos vom Backgut direkt aufs Smartphone. Und wenn ein Roastbeef noch einige Minuten im Ofen warm bleiben soll, ohne weiter zu garen, öffnet sich die Backofentür leicht per digitalem Befehl von unterwegs. Die Funktion „Taste Control“sorgt dafür, dass die Temperatur im Ofeninneren sich schnell nach unten bewegt. Eine Weltneuheit, verkündet der westfälische Hausgerätehersteller Miele.
Die beiden Innovationen gehören zum Neustart der Kollektion an Einbaugeräten für die Küche, die der Konzern in diesen Tagen an seinem Stammsitz in Gütersloh vorgestellt hat. Mit der sogenannten „Generation 7000“will Miele sich erneut von der immer stärkeren Billigkonkurrenz von Haier, Elektrolux oder Samsung abheben. Und gleichzeitig muss der Familienkonzern intern sparen, um trotz allgemein sinkender Preise die Profitabilität halten zu können. Die Unternehmensberatung McKinsey soll in einigen Wochen ein Umbauprogramm vorschlagen, das mindestens 100 Millionen Euro einsparen soll, intern wurde Anfang Februar bereits ein Einstellungsstopp für große Teile des Unternehmens verkündet. „Wir werden kaum mehr als unseren Vorjahresumsatz erreichen können“, heißt es in dem Schreiben. In vielen Ländern schaffe die Branche keinen Zuwachs mehr, in Deutschland, wo Miele rund 30 Prozent des Umsatzes von 4,1 Milliarden Euro einfährt, sei der relevante Markt für große Hausgeräte sogar leicht rückläufig.
Als Doppelstrategie setzt Miele auf eine Aufwertung der Produkte und niedrigere Kosten. Die neue Gerätegeneration lässt sich fast durchgehend per Smartphone steuern und ist untereinander vernetzt. „Die Digitalisierung spielt eine sehr große Rolle für uns. Das sieht man auch an unserer neuen Gerätegeneration“, sagt dazu Reinhard Zinkann einer der zwei geschäftsführenden Gesellschafter und Urenkel des Mitgründers Reinhard Zinkann.
Gleichzeitig wird das Design edler als bisher – die Küche entwickelt sich zum neuen, zweiten Wohnzimmer. „Die Küche hat bei vielen Menschen das Auto als Statussymbol Nummer eins abgelöst“, berichtet Zinkann aus Gesprächen in den wichtigen Märkten Deutschland, USA, Australien und China. Seine Hoffnung: Die neue Modellgeneration soll den Umsatz mit Küchengeräten von 1,9 Milliarden Euro auf deutlich über zwei Milliarden heben – auch um Rückschläge im Staubsaugergeschäft auszugleichen.
Schon bisher laufen die Effizienzprogramme „Fit 4 Growth“und MWS 4.0“, ein Kürzel, das für Miele Werschöpfungssystem steht, nun sollen bald die Vorschläge der Unternehmensberater auf den Tisch kommen. „McKinsey untersucht beispielsweise, wie wir im Vergleich zu anderen Unternehmen aufgestellt sind“, sagt Zinkann. Ob und welche Schritte man gehe, entscheide die Geschäftsführung alleine, das Unternehmen wolle sozial bleiben. Laut Miele gibt es keine Pläne zum Schließen eines der Werke an den acht Standorten im Hochlohnland Deutschland.
Die Gewerkschaft IG Metall ist trotzdem alarmiert. Sie fordert, einen „Standortsicherungsvertrag“abzuschließen, immerhin wird ein Werk in Tschechien in Betrieb genommen. 2020 startet eine neue Fabrik für Waschmaschinen in Polen. 500 Stellen sollen bis 2025 im großen Waschmaschinenwerk in Gütersloh wegfallen. Die Unruhe ist groß, obwohl Miele als Ziel verkündet, keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen. Zinkann sagt: „Wir verstehen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich darüber Gedanken machen.“