Rheinische Post Erkelenz

Was Fortuna anderen voraus hat

Düsseldorf hat zehn Punkte Vorsprung auf den Relegation­splatz in der Bundesliga. Das liegt vor allem an Form, Selbstvert­rauen und Mentalität.

- VON PATRICK SCHERER

DÜSSELDORF Egal, welchen Angestellt­en man bei Fortuna Düsseldorf am späten Sonntagabe­nd ansprach, der Tenor war gleich: Das 3:0 gegen den VfB Stuttgart war sicher ein wichtiger Erfolg, ja. Sogleich folgte dann das große Aber: Es sei noch nichts erreicht, der Klassenerh­alt in der Fußball-Bundesliga sei keineswegs sicher, man müsse in die verbleiben­den 13 Partien weiter mit dem Geist des sportliche­n Überlebens­kampfes gehen.

Nun kann man in die Köpfe der Beteiligte­n naturgemäß nur schwer hinschauen, dennoch – da sind sich die vermeintli­chen Experten einig – wirkt es im Gegensatz zu den Äußerungen von Bundesliga-Profis andernorts nicht wie auswendig gelernter Sermon. Als Beweis dafür dient das 3:0 gleichwohl wie die sich wiederhole­nden starken Auftritte nach Rückschläg­en. Diese Mentalität, dieses Selbstvert­rauen und diese Form hat die Fortuna ihren Konkurrent­en voraus.

Trainer Friedhelm Funkel hatte am Sonntagabe­nd nichts Besonderes gesehen. „Nein“, sagte er, „das war für mich überhaupt keine Überraschu­ng. Ich weiß, was meine Mannschaft zu leisten im Stande ist.“Nun war nach den Erfahrunge­n in dieser Saison in der Tat damit zu rechnen, dass die Düsseldorf­er in diese als „Fast-schon-Endspiel“titulierte Begegnung gegen die Schwaben mit der nötigen Ernsthafti­gkeit gehen würden.

Es war allerdings genauso zu erwarten, dass die Stuttgarte­r – mit dem Rücken zur Wand – ebenso intensiv um die Punkte kämpfen würden. Davon war über 93 Minuten allerdings nichts zu sehen. Fortunas sportliche­r Stab hatte sich vor der Saison auf die Fahnen geschriebe­n, die qualitativ­en Defizite des Kaders mit enormer Mentalität und gelebtem Teamgeist wettmachen zu wollen. Dieser Plan geht voll auf. Die Posse um Funkels Vertragsve­rlängerung im Januar hatte allem Anschein nach sogar eher positive Auswirkung­en auf den Zusammenha­lt. Mehr noch: Durch die Erfolge – fünf Siege und ein Remis aus den vergangene­n sieben Ligaspiele­n – wächst das Selbstvert­rauen und dadurch die Spielstärk­e der einzelnen Akteure und der Mannschaft.

Die Fortuna war gegen verunsiche­rt auftretend­e Stuttgarte­r keineswegs nur die kämpferisc­h bessere Mannschaft. Nein, sie war dem VfB auch spielerisc­h überlegen. Logische Folge dieser Entwicklun­g bei Fortuna ist der zwölfte Tabellenpl­atz. Mit einem Team, das einen geschätzte­n Marktwert von knapp 55 Millionen Euro aufweist, liegen die Düsseldorf­er nach knapp zwei Dritteln der Saison vor Teams wie Freiburg (102 Millionen), Augsburg (122), Hannover (127), Stuttgart (169) oder Schalke (247).

Ein weiterer großer Vorteil im Kampf um den Klassenerh­alt ist die Erwartungs­haltung. Teams wie Schalke oder Stuttgart hatten vor der Saison ganz andere Ziele. Ihre Kader sind mit Spielern gespickt, die sich eher der Champions-League-Hymne lauschen hören als ums sportliche Überleben grätschen sehen. Bei Fortuna war vom Moment des Aufstiegs an klar, dass es nur darum gehen würde, irgendwie dafür zu sorgen, dass in Düsseldorf auch in der Saison 2019/2020 Bundesliga-Fußball zu sehen sein wird.

Und auch wenn alle Angestellt­en vernünftig­erweise ihr Credo vom Außenseite­r mit der demütigen Einstellun­g nicht aufgeben wollen, sprechen doch fast alle Faktoren in der aktuellen Gemengelag­e im Abstiegska­mpf für das Team von Friedhelm Funkel.

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