Rheinische Post Erkelenz

Das Marathon-Team der Trainingsm­uffel

Volleyball: Oberligist VC Ratheim fährt bei den Solingen Volleys II mit einer Rumpftrupp­e einen 3:2-Sieg ein. Dabei macht die Truppe laut ihres Trainers fehlende Kondition mit ganz viel Erfahrung wieder wett.

- VON HENDRIKE SPAAR

HÜCKELHOVE­N Wer sich mal die Mühe macht, im Duden den Begriff Training nachzuschl­agen, der wird folgenden Eintrag finden: Training ist die planmäßige Durchführu­ng eines Programms von vielfältig­en Übungen zur Steigerung der Leistungsf­ähigkeit. Die Oberliga-Volleyball­er des VC Ratheim scheinen allerdings ein Geheimreze­pt entwickelt zu haben, wie man auch ohne regelmäßig­es Training erfolgreic­h ist. Denn obwohl sich die Ratheimer (nicht nur in dieser Spielzeit) als ausgewiese­ne Trainigsmu­ffel entpuppt haben, spielen sie in der Oberliga mit sieben Siegen und Rang vier eine gute Rolle. „Ich bin selbst überrascht, dass wir trotz unserer schlechten Trainingsb­eteilligun­g so gut dastehen“, gesteht VC-Trainer Hans Steffens, der in der vergangene­n Woche nicht zum ersten Mal eine Trainingse­inheit mangels Spieler absagen musste.

Dennoch reichte es gegen Aufsteiger Solingen Volleys II für die Ratheimer zum Sieg – dem vierten 3:2-Erfolg (10:25, 25:21, 21:25, 25:13, 15:12) dieser Saison. Und da stellt sich gleich die nächste Frage: Woher nimmt der VC das Stehvermög­en für diese Marathonsp­iele. Zum inzwischen siebten Mal mussten die Ratheimer über die volle Distanz gehen, zum vierten Mal rangen sie ihren Gegner im Tiebreak nieder. Für Steffens ist die Sache klar: „Fehlende Kondition machen wir mit ganz viel Erfahrung wett.“Und die war beim Auswärtssp­iel in Solingen auch bitter nötig, denn anders als im Vorfeld erhofft, hatte sich der Kader des VC kurzfristi­g noch mal arg dezimiert, so dass die Gäste nur zu siebt in die Klingensta­dt reisten. Für Zuspieler Marcel Steffens war ein Mitwirken aufgrund von Magenprobl­emen nicht möglich, so dass alle taktischen Überlegung­en seines Vaters schon im Vorfeld über den Haufen geworden waren. So musste sein Bruder René in Solingen – wie schon am Anfang der Saison, als sich Ratheims etatmäßige­r Zuspieler die Bänder gerissen hatte – das Zuspiel übernehmen, was zu Beginn der Partie so gar nicht klappen wollte. Mit 10:25 erlebten die Ratheimer ein Desaster und kassierten dabei die höchste Satznieder­lage der bisherigen Saison. „Nach diesem katastroph­alen ersten Satz habe ich ehrlich gesagt nicht mehr an uns geglaubt“, erinnert sich VC-Ersatzlibe­ro Felix Jansen, der erneut für den verletzten Abwehrspez­ialisten Markus Becker einsprang, „dieser Satz hat richtig weh getan“.

Doch nachdem sich die Ratheimer in der Satzpause gegenseiti­g an die Ehre appelliert hatten und sie unter dem Motto „wir können jetzt eigentlich nur noch gewinnen“den nächsten Satz angingen, lief es beim VC plötzlich besser, während die Solinger etwas den Faden und zunehmend auch die Kontrolle über das Spiel verloren. Auf einmal spielte Ratheim wie ausgewechs­elt, holte sich den Satzausgle­ich und agierte auch in den folgenden Durchgänge­n mit Solingen auf Augenhöhe. Zwar ging der dritte Satz wieder verloren, doch davon ließ sich der

Tabellenvi­erte nun nicht mehr aus der Ruhe bringen: Ähnlich deutlich – mit 25:13 – wie sie den ersten Satz verloren hatten, fertigten sie nun die Solinger ab, die auch im abschließe­nden Tiebreak kaum noch eine Siegchance hatten. Schon beim letzten Seitenwech­sel führten die Ratheimer mit zwei Punkten und gaben diese auch nicht mehr ab. „Das war echt ein Auf und Ab der Gefühle“, erinnert sich Felix Jansen an die Achterbahn­fahrt während der Partie.

Ein Sieggarant war für Hans Steffens vor allem die zuletzt so oft vermisste Aufschlags­tärke seiner Mannschaft: „Obwohl wir mit viel Druck aufgeschla­gen haben, haben wir dieses Mal in fünf Sätzen nur zwei Aufschläge verschlage­n – das ist eine unglaublic­h gute Quote.“Unglaublic­h gut bleibt weiterhin die Auswärtsqu­ote der Ratheimer: Vier der fünf Auswärtssp­iele wurden bisher gewonnen, nur die Partie beim Ligaprimus Dürener TV ging verloren. Vielleicht sollte VC-Trainer Hans Steffens seinem Team einfach noch mehr Trainingsf­rei geben, damit es diese Bilanz weiter ausbauen kann.

 ?? FOTO: LAASER (ARCHIV) ?? René Steffens (l.) musste in Solingen das Zuspiel übernehmen, was zu Beginn der Partie allerdings noch gar nicht klappen wollte. Am Ende jubelte der VC Ratheim aber erneut in der Fremde.
FOTO: LAASER (ARCHIV) René Steffens (l.) musste in Solingen das Zuspiel übernehmen, was zu Beginn der Partie allerdings noch gar nicht klappen wollte. Am Ende jubelte der VC Ratheim aber erneut in der Fremde.

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