Wenn Schüler zu Artisten werden
Der Zirkus Pepperoni, der als Arbeitsgemeinschaft am Gymnasium Hückelhoven ins Leben gerufen wurde, sowie befreundete Zirkusgruppen aus ganz NRW begeisterten beim Winterzirkus in der Aula. Lisa Chudalla tritt mittlerweile als Artistin weltweit auf.
Die Aula verwandelte sich zum wiederholten Male in eine Manege, in der alles möglich schien: In einer neuen Auflage des traditionellen Winterzirkus verzauberten der Zirkus Pepperoni und befreundete Zirkusgruppen mit Kunststücken am Boden und in der Luft. Zum ersten Mal in der Geschichte des Winterzirkus lockte die Versprechung neuer Darbietungen so viele Zuschauer in die Aula, dass auch die oberste Tribüne besetzt war. Ob Tom Holten, der als Pizzabäcker mit Antipoden jonglierte, oder Carolin Lenz und Molly Davey, die mit ihrer Rockabilly-Nummer am Luftring ihr Talent unter Beweis stellten – die Pepperonis sorgten für einen stimmigen Einstieg in den Abend der schönen Künste.
Hoch her ging es, als sich Kalle Piet Kersten und Joell Kimpel vom Zirkus Krümel aus Wuppertal ein
knallhartes Westernduell lie- ferten – hier wurde jedoch nicht scharf geschossen, sondern gezielt geworfen, während die beiden „Cowboys“Jonglierbälle statt Colts aus ihren Holstern zauberten.
Für ein kollektives Luftanhalten sorgten Linnéa Jakobs und Anna Koglin, die sich am Tuch selbstsicher in die Lüfte schwangen und dort wunderschön anzusehende Akrobatik mit freiem Fall von bis zu vier Metern in das Tuch zeigten.
ReSa‘s Hot Wheels aus Aachen und auch die Kölner Radelitos präsentierten tolle Nummern auf dem Einrad und Deborah Schlutter überzeugte mit Bodenakrobatik am Stuhl. Patrice Joachims stand bereits in der Roncalli-Manege und wirbelte zum treibenden Beat von Peter Fox mit dem Diabolo über die Bühne. Yasemin Sentürk vollführte am Trapez eine äußerst ausdrucksstarke Akrobatik und stellte Balance und Körpergefühl unter Beweis. Der Saal verdunkelte sich und bunte Lichter erschienen auf der Bühne: geradezu hypnotisch mutete die Lichtershow des Circus Basinastak aus Hagen an.
Florian Blümel jonglierte fast aufreizend lässig, doch was bei ihm spielend leicht aussah, erfordert enorm viel Übung. Egal ob am chinesischen Mast oder an der Schlaufe, bei jedem neuen Kunststück wurde deutlich, dass die Jugendlichen unheimlich viele Trainingsstunden und Herzblut in ihre Zirkusleidenschaft stecken – sie vermochten mit ihrer enormen Körperbeherrschung und der Liebe zur Darstellung das Publikum mit dem Zirkusfieber zu „infizieren“.
Fast jeder Auftritt erzählte eine Geschichte, ob nun die souveräne machen oder dem Zirkus auf andere Weise treu bleiben. Michelle Schopphoven, Laura Schlutter und Christoph Hensen beispielsweise übernahmen die Moderation des Abends und standen früher selbst auf der Pepperoni-Bühne.
Lukas Sachse, der bereits viele Engagements beim Weihnachtszirkus Lud- wigshafen hatte, und der beim diesjährigen Winterzirkus ebenfalls mit dem Diabolo auftrat, hat seine Aufnahmeprüfung schon bestanden, macht aber zuerst sein Abitur fertig. Julia Henftling ist Teil des Projektzirkus Jonny Casselly, trainiert aber gemeinsam mit ihrer Partnerin Annika Seidl in der Winterpause bei den Pepperonis. Lisa Chudalla ist als Artistin weltweit unterwegs, Florian Blümel hat hauptberuflich zwar nichts mehr mit Akrobatik zu tun, steht jedoch immer noch mit einem Bein im Zirkus.
Der Stolz auf ihre talentierten Schützlinge ist „Zirkusdirektorin“Bianca Schiff, Lehrerin am Hückelhovener Gymnasium und Leiterin wie Initiatorin der Zirkus-AG, deutlich anzusehen. Dabei macht sie keinen Unterschied, von welcher Schule die zirkusbegeisterten Jugendlichen kommen. „Wenn sie erst einmal in der AG sind, sind sie Teil der Gemeinschaft.“So kommt eine Schülerin zu den Proben extra aus Krefeld nach Hückelhoven, und auch aus anderen, nahe gelegenen Schulen kommen einige zu jeder Probe.
Über 30 Jugendliche pflegen zur Zeit die wichtigsten Werte der Zirkusfamilie: Zusammenhalt und Freundschaft, und das auch über die Grenzen des eigenen Zirkus hinweg. Partnerschaftsaktionen mit befreundeten Zirkusgruppen wie der Winterzirkus fänden etwa drei bis viermal im Jahr statt, sagte Schiff. Die Gäste des Winterzirkus übernachteten in der Schulturnhalle – nach einem gemeinsamen Frühstück wurde nämlich direkt weiter trainiert und Neues voneinander gelernt.