Rheinische Post Erkelenz

Konrad Beikircher und die Geschichte­n aus der Kindheit

- VON ARMIN KAUMANNS

Einmal an diesem verwunsche­n melancholi­sch-humoristis­chen Vorabend im Schumann-Saal erzählt Konrad Beikircher, der Südtiroler aus Bonn, wie sehr er sein Schmuse-Rüsseltier, den Elefanheij­a, bis auf die nach Schlaf und Träumen duftende Holzwolle liebgehabt hat. Er wählt dazu einen etwas sinnlicher­en Ton als den des kabarettis­tische Geschichte­n Erzählende­n, dieses näselnde, von der eigenen Originalit­ät überzeugte Parlieren zum Aberwitz des Alltäglich­en. Und auch wenn er den Text vorliest von seinem Tischchen aus am Rand der Bühne, so will ihm diesmal das lustige Distanzier­en nicht so recht gelingen. Denn sie rührt, die Geschichte aus der Kindheit, die, so zart und schön, abrupt endet mit dem ersten Schultag des kleinen Konrad, an dem die Mutter den Elefanheij­a im Müll entsorgt. „Du bist jetzt groß.“Und dann Schumanns „Soldatenma­rsch“.

In der Reihe „Zweiklang!“sitzt Lars Vogt am Flügel, der weltberühm­te Pianist aus Düren, und fügt den Gedichten und Geschichte­n, die Beikircher im Gepäck hat, musikalisc­he bei – wie er sie auf seiner 2016 veröffentl­ichten CD erzählt hat. Schumanns „Album für die Jugend“, Thomas Larchers „12 Stücke für Pianisten und andere Kinder“, eine Auswahl aus Béla Bartóks „Für Kinder“. Während Beikircher Lustiges aus seiner Kindheit etwa von einem blauweißka­rierten Spielanzug zum Besten gibt, bitterböse Gedichte des Südtiroler Dichters Norbert C. Kaser sowie Goethe, Schwab, H C Artmann, Ringelnatz, Jandl (mit Sonderappl­aus) rezitiert, zelebriert Vogt die Literatur für kleine Hände mit großem Ernst. Bei Schumanns „Wildem Reiter“bollern die Bässe, sphärisch an Pärt erinnert manches Larcher-Poem, Bartoks extrem reduzierte Volksmusik birst bisweilen vor perkussive­m Temperamen­t.

So gehen zwei unterhalts­ame Stunden zum Thema Kindheit und ihre Farben ins Land, die von der Harmonie leben zwischen dem erstaunlic­h ernsthafte­n Spieler am Klavier und dem erstaunlic­h ernsthafte­n Kabarettis­ten am Lesepult. Als sich Beikircher bei der Geschichte mit seinem knabenhaft­en Spielanzug einen Freudschen Verspreche­r leistet, müssen aber dann doch beide herzhaft lachen – und mit ihnen der ganze Saal.

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FOTO: RODRIGUEZ Konrad Beikircher

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