Erzbischof beurlaubt Stadtdechant
Ulrich Hennes, der höchste Repräsentant der katholischen Kirche in Düsseldorf, soll einen Praktikanten sexuell belästigt haben. Er bestreitet das. Die Kirche schaltet den Staatsanwalt ein.
DÜSSELDORF Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat den Düsseldorfer Stadtdechanten Ulrich Hennes am Dienstag mit sofortiger Wirkung von allen Ämtern beurlaubt. Gegen den 56-Jährigen, den ranghöchsten katholischen Seelsorger der Landeshauptstadt, wurde der Vorwurf der sexuellen Belästigung gegenüber einem erwachsenen Praktikanten erhoben. Das Erzbistum hat den Hinweis an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet und davon unabhängig ein innerkirchliches Verfahren eröffnet. Der betreffende Vorgang soll sich 2012 ereignet haben. Der Hinweis hatte das Erzbistum nach dessen Angaben am vergangenen Donnerstag erreicht.
Hennes bestreitet den Vorwurf. „Ich bin unschuldig“, sagte er unserer Redaktion. Er werde in Düsseldorf wohnen bleiben: „Ich habe keinen Grund abzutauchen.“Gottesdienste werde er vorübergehend nicht halten, da er beurlaubt sei.
Bis zum Abschluss der Verfahren solle keine Vorverurteilung stattfinden; Panorama es gelte die Unschuldsvermutung, betonte ein Sprecher des Erzbistums. Hennes werde, den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz entsprechend, bis zum Abschluss des Verfahrens beurlaubt.
Auf Anfrage bestätigte der Sprecher, dass Hennes bereits in seiner Wuppertaler Zeit in den 90er Jahren mit dem Vorwurf der sexuellen Belästigung eines fast volljährigen Jugendlichen konfrontiert war. Hennes war in Wuppertal Kaplan und Stadtjugendseelsorger. Damals sei er vom Erzbistum „zu einer Therapie verpflichtet“worden, „die dann auch absolviert wurde“, sagte der Sprecher. Ein im Auftrag des Bistums erstelltes Gutachten habe seinerzeit ergeben, dass Hennes ohne Auflagen arbeiten könne. Die Staatsanwaltschaft, an die der Fall im Zuge der Überprüfung aller einschlägigen Akten Jahre später weitergeleitet worden sei, habe das Verfahren eingestellt; der Vorgang sei verjährt.
Alle Akten, bei denen mögliche Übergriffe eine Rolle spielten, kämen jetzt allerdings noch einmal auf den Prüfstand, ergänzte das Erzbistum. „Wir dulden keinerlei Form von sexualisierten Übergriffen und gehen entsprechenden Hinweisen und Verdachtsfällen konsequent nach“, sagte Woelki zu der Beurlaubung.
„Ich hoffe, dass an dem Vorwurf nichts dran ist, aber das Vertrauen der Gläubigen in ihre Kirche wird auf eine harte Probe gestellt“, sagte Martin Philippen, Vorsitzender des Düsseldorfer Katholikenrats, der die Laien in der Landeshauptstadt vertritt. Hennes’ Stellvertreter Frank Heidkamp, der die Leitung des Stadtdekanats vorübergehend übernimmt, sagte: „Jede Form der Vorverurteilung verbietet sich. Ulrich Hennes ist fleißig und bodenständig, er hat in Düsseldorf unendlich viel aufgebaut.“Heidkamp rechnet mit einer längeren Aufklärungsphase: „Das ist nichts, was man in ein paar Tagen machen kann.“
Das Erzbistum betonte, Betroffene könnten sich jederzeit an besondere Ansprechpartner wenden, die für vertrauliche Gespräche und die Vermittlung von Hilfsangeboten zur Verfügung stehen.