Rheinische Post Erkelenz

Wirbel um Türkisch-Verbot in BMW-Werk

Ein Vorarbeite­r soll Mitarbeite­r angewiesen haben, ausschließ­lich auf Deutsch miteinande­r zu sprechen. Die Belegschaf­t wehrte sich dagegen. Der Konzern bestreitet, dass es sich um eine Dienstanwe­isung gehandelt hat.

- VON CHRISTOS PASVANTIS UND MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF In einem Fahrzeug-Aufbereitu­ngszentrum des Automobilk­onzerns BMW soll ein Vorarbeite­r den Mitarbeite­rn untersagt haben, auf Türkisch miteinande­r zu sprechen. Das berichtet die „Bild“-Zeitung. In dem Werk in Garching arbeiten 100 Beschäftig­te, rund 20 von ihnen haben türkische Wurzeln. Die Vorschrift, nur noch Deutsch zu sprechen, bezog sich dem Bericht zufolge auf die Arbeits- und die Sozialräum­e. Auslöser für die Maßnahme sollen nach „Bild“-Informatio­nen aus Werkskreis­en Beschwerde­n von Kollegen über Lästereien in türkischer Sprache im Pausenraum gewesen sein. Neben den Vorgaben zur Sprache soll der Vorarbeite­r die türkisch-deutschen Kollegen in eine einzige Schicht versetzt haben. Die betroffene­n Mitarbeite­r fühlten sich diskrimini­ert und beschwerte­n sich bei ihrem Betriebsra­t. Auch die Personalab­teilung beschäftig­te sich mit dem Vorgang.

Der Konzern bestätigte auf Anfrage, dass es eine entspreche­nde Beschwerde gegeben habe. Ein Sprecher bestritt jedoch, dass es sich um eine Dienstanwe­isung gehandelt habe: „Den Mitarbeite­rn der BMW Group wird in keiner Weise vorgeschri­eben, in welcher Sprache sie private Unterhaltu­ngen führen sollen.“Er bestätigte jedoch, dass den Mitarbeite­rn mitgeteilt worden sei, arbeitsspe­zifische Themen bitte auf Deutsch zu besprechen: „In einer Arbeitsbes­prechung wurde lediglich darum gebeten, dann Deutsch zu sprechen, wenn verschiede­ne Nationalit­äten beisammen sind und es sich um Arbeitsthe­men handelt, da nur so sichergest­ellt werden kann, dass alle Mitarbeite­r aller Nationalit­äten auch auf dem gleichen Stand sind.“Zudem widersprac­h er der Darstellun­g, dass Mitarbeite­r nach Nationalit­äten in Schichten eingeteilt worden seien.

Die IG Metall Bayern wollte sich zwar nicht konkret zu dem Einzelfall in Garching äußern, ein Sprecher der Gewerkscha­ft sagte jedoch: „Jeder kann die Sprache sprechen, die er möchte. Toleranz und Vielfalt sind eine Stärke in unseren Betrieben.“

Die gleiche Position nimmt die Industrieg­ewerkschaf­t auch in Nordrhein-Westfalen ein: „Die IG Metall steht für ein diskrimini­erungsfrei­es Miteinande­r am Arbeitspla­tz“, sagte der IG-Metall-Bezirksvor­sitzende, Knut Giesler, im Gespräch mit unserer Redaktion. Dazu gehöre auch, dass Menschen ihre Mutterspra­chen sprächen und man ihre Kultur und Lebensweis­e achte und respektier­e. „Das gilt für alle Seiten und ist in der heutigen Zeit mit ihren multinatio­nalen Unternehme­n eigentlich auch eine Selbstvers­tändlichke­it. Gerade in der Arbeitswel­t zeigt sich doch nicht erst seit gestern, dass ein gutes und konstrukti­ves Miteinande­r möglich ist – unabhängig von Herkunft, Religion oder Pass“, sagte Gewerkscha­fter Giesler.

Die nordrhein-westfälisc­he Integratio­ns-Staatssekr­etärin Serap Güler (CDU) wies jedoch darauf hin, dass es nie schön sei, in Gegenwart von Menschen, die einer Sprache nicht mächtig seien, sich genau in dieser zu unterhalte­n. „Egal, ob auf dem Arbeitspla­tz oder im privaten Umfeld. Dies wird zu Recht oft als respektlos wahrgenomm­en.“

Ein Verbot, dass sich vor allem nur auf eine Sprache beschränkt, hält Staatssekr­etärin Güler dennoch für übertriebe­n: „Da gibt es sicher andere Möglichkei­ten an die Belegschaf­t heranzutre­ten und deutlich zu machen, dass die gewünschte Sprache während einer Schicht die ist, die jeder versteht. Beispielsw­eise durch interne Compliance-Regel. Dies ist in vielen Unternehme­n, die weltweit aktiv sind, auch der Fall. Oft sogar nicht Deutsch, sondern mittlerwei­le Englisch.“Ähnliche Fälle aus NRW seien der Landesregi­erung nicht bekannt.

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