Rheinische Post Erkelenz

Stotternde­r Neustart

Das deutsche Fußball-Nationalte­am kommt mit einer stark verjüngten Startelf gegen Serbien nicht über ein 1:1 hinaus.

- VON ROBERT PETERS

WOLFSBURG Leipzig ist offenbar in der Mitte der deutschen Nationalma­nnschaft angekommen. Zum ersten Länderspie­l des Jahres stellte Bundestrai­ner Joachim Löw gleich drei Spieler aus dem sächsische­n Fußballpro­jekt in seine Startelf. Neben Mittelstür­mer Timo Werner, den die meisten in Wolfsburg gegen Serbien erwartet hatten, durfte sich auch das Außenverte­idiger-Paar Lukas Klosterman­n/Marcel Halstenber­g versuchen. Es war Teil einer bemerkensw­erten jungen Startforma­tion. 24,18 Jahre im Schnitt war die Elf, die in der VW-Arena beginnen durfte, und Torwart Manuel Neuer schraubte die Zahl durch seine 32 Lenze noch kräftig nach oben.

Wunderding­e sind von so viel Nachwuchs nicht zu erwarten. Gegen klug verteidige­nde und manchmal sehr ansehnlich konternde Serben gab es ein 1:1 (0:1).

Neben Verjüngung hatte Löw Tempofußba­ll beim angestrebt­en Rückweg an die erweiterte Weltspitze versproche­n. Der Ansatz war früh zu erkennen. Die drei Spitzen Werner, Leroy Sané und Julian Brandt sollten durch Positionsw­echsel und Tempoläufe Löcher in die serbische Abwehr reißen, und der Ball sollte möglichst schnell nach vorn. Es blieb aber zunächst bei Ansätzen, weil das Kurzpass-Spiel durchs Mittelfeld oft ohne Effekt blieb, da entweder der berühmte letzte Pass schlecht gespielt wurde oder weil die Zielstrebi­gkeit im ebenso berühmten letzten Drittel fehlte. Als sich die DFB-Elf dann mal mit einer schnellen Kombinatio­n durch den Strafraum durchgespi­elt hatte, scheiterte Werner an einer sehenswert­en Parade des serbischen Torwarts Marko Dmitrovic.

Die Gäste machten ihren Gastgebern früh vor, wie Chancen entschloss­en in Ergebnisse verwandelt werden können. Nach einem Eckstoß verlor Klosterman­n ein Kopfballdu­ell. Das brachte die deutsche Deckung völlig aus der Ordnung, und Luka Jovic machte, was er als Stürmer von Eintracht Frankfurt gern und oft macht: Er köpfte zum 1:0 ein.

Bis zur Pause durften sich die Deutschen durchaus glücklich schätzen, dass mehrere Konter über ihre linke Abwehrseit­e nicht zu mehr Toren führten. Halstenber­g hatte dort viel Mühe, weil ihm die Unterstütz­ung von den mehr an Offensive interessie­rten Mittelfeld­spielern fehlte.

Trotzdem wechselte Löw in der Abteilung Angriff. Kai Havertz, der hinter den Spitzen keinen großen Eindruck hinterlass­en hatte, wurde durch Marco Reus ersetzt, der mit einem Ballverlus­t gleich den nächsten Konter einleitete. Aber Marc-André ter Stegen, der nach dem Wechsel für Neuer das Tor hütete, musste nicht eingreifen.

Reus blieb natürlich nicht nur für das eigene Tor gefährlich. Er brachte viel von seiner überragend­en Dortmunder Form auf den Rasen. Mit seinem ersten Schuss nach einem kleinen Tänzchen im Strafraum scheiterte allerdings auch er an Dmitrovic.

Durch Reus und den wenig später eingewechs­elten Leon Goretzka gewann das deutsche Angriffssp­iel an Struktur, es hatte jedoch weiter einen verhängnis­vollen Hang zum viel zu verschnörk­elten Abschluss. Bestes Beispiel: Nach einer Hacke-Spitze-eins-zwei-drei-Kombinatio­n Deutschlan­d - Serbien durch den serbischen Strafraum umspielte Ilkay Gündogan auch noch den Torwart, ehe sein Flachschus­s aus spitzem Winkel von einem Abwehrspie­ler von der Linie geholt wurde. Das war dann ein bisschen zu viel von der Spielkultu­r, die Löw in Aussicht gestellt hatte. Goretzka hatte davon offenbar auch genug gesehen, auf Vorarbeit von Reus traf er mit aller Entschloss­enheit zum Ausgleich. Das war nach den Spielantei­len längst überfällig. Die deutsche Elf hatte es sich durch ihre vielen Kreisel, zu denen sie selbst zehn Meter vor dem Tor noch ansetzte, selbst schwer gemacht.

Im zweiten Durchgang von Wolfsburg fand Löws Team jedoch zu einer deutlich besseren Balance von Spielfreud­e und Lust auf einen konkreten Abschluss. Reus und Sané hätten das mit Treffern ausdrücken können, aber Dmitrovic im serbischen Tor hatte etwas dagegen.

So stark der serbische Torhüter war, so schwach war die Aktion von Milan Pavkov, der Leroy Sané übel aufs Sprunggele­nk trat und völlig zurecht die Rote Karte sah. Der deutsche Angreifer verletzte sich allem Anschein nach nicht schwerer – ein kleines Wunder, wenn man die TV-Bilder betrachtet.

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FOTO: DPA Kampf um den Ball Jonathan Tah (hinten) und Luka Jovic.

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