Facebook bleibt unbelehrbar
Das soziale Netzwerk ist zum größten Widerspruch der digitalen Welt geworden.
Millionen Passwörter unverschlüsselt in einer internen Datenbank abspeichert, vom Datenskandal Cambridge Analytica deutlich eher gewusst als bisher angenommen – Facebooks Negativ-Schlagzeilen zuletzt haben nicht einmal mehr groß überrascht. Aber zum Glück nutzen immer weniger Facebook – vor allem die Jugend flüchtet. Oft hört man den Satz im Bekanntenkreis, unter enttäuschten Selbstständigen oder Unternehmern, die in den vergangenen Jahren viel Arbeit in den Aufbau ihrer Facebook-Seiten gesteckt haben. Kommt das Facebook-Ende?
Vergangene Woche habe ich einen der beiden Firmen-Standorte in London besucht. In einem schicken Viertel, dezent in einem Hinterhof gelegen, programmieren Hunderte Mitarbeiter an Whatsapp oder dem Werbesystem. Ein dritter Standort soll folgen – 6000 neue Mitarbeiter sollen dort eingestellt werden. Die Zeichen stehen auf Expansion. Facebook scheint sich selbst erst am Anfang zu sehen.
Dabei ist das Netzwerk zum größten Widerspruch der digitalen Welt geworden. Wir Deutschen schimpfen über Facebook, nutzen es aber immer noch wie die Weltmeister. Der Blick in den jüngsten Börsenbericht zeigt: 32 Millionen Deutsche nutzen Facebook monatlich. 72 Prozent davon täglich. Weltweit liegt der Wert nur bei rund 50 Prozent. Trotz Image-Problem: Wer mit Werbung junge Zielgruppen erreichen möchte, kommt um Facebook nicht herum.
Während Facebook-Mitarbeiter überzeugt sind, dass ihre Arbeit etwas Positives bewirkt, kommen die Resultate im öffentlichen Diskurs nicht gut an. Das Unternehmen hat angekündigt, sich besser zu erklären. Doch das wird nicht reichen. Auch diese Widersprüche muss der Konzern überwinden um das Vertrauen der Nutzer zurückzugewinnen.
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