Rheinische Post Erkelenz

„Das war ganz schön staubig“

- VON TIM HARPERS UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Nach Plan fiel am Sonntag der erste Weiße Riese in Duisburg-Hochheide. Beim WDR gab es Probleme bei der Live-Übertragun­g.

DUISBURG Letztlich reicht ein Knopfdruck von Martin Hopfe aus, um den Weißen Riesen in Duisburg-Hochheide in die Knie zu zwingen. Gefolgt von einem lauten Knall fällt das Hochhaus am Sonntagmit­tag wie geplant um 12 Uhr binnen weniger Sekunden in sich zusammen. Eine riesige Staubwolke legt sich über den Berg aus Schutt und Asche und über Teile angrenzend­er Gebäude. „Das war ganz schön staubig“, sagt der 66-jährige Sprengmeis­ter nach getaner Arbeit. „Jetzt brauche ich erst einmal etwas zu trinken.“

Tatsächlic­h war die Sprengung Maßarbeit. Wenn man von Staub auf einigen Dächern absieht, scheint nur eine Laterne beschädigt worden zu sein. „Der Staub ist aber beim nächsten Regen weg“, versichert ein beteiligte­r Sprengmeis­ter, als er die angrenzend­en Gebäude auf mögliche Schäden hin untersucht. „Das Hochhaus ist so gefallen, wie es fallen sollte“, sagt er. Übrig geblieben von dem 22-stöckigen Bau aus den 1970er Jahren ist ein rund 50 Tonnen schwerer Berg aus Schutt, der in den nächsten Tagen weiter zerlegt und dann abtranspor­tiert wird.

Duisburgs Oberbürger­meister Sören Link (SPD) blickt kurz nach der Sprengung bereits nach vorne. Der Anfang sei gemacht. „Jetzt müssen wir den Abriss des nächsten Hochhauses in Angriff nehmen.“Der Duisburger SPD-Bundestags­abgeordnet­e Mahmut Özdemir, der in Hochheide aufgewachs­en ist, sieht keine Alternativ­e zum weiteren Abriss der Hochhaussi­edlung. „Ich kann verstehen, dass es für die Bewohner schwer sein wird. Aber Sicherheit geht vor. Und die ist nicht mehr in den Gebäuden gegeben, auch was den Brandschut­z betrifft.“

Nach der Sprengung vom Sonntag stehen noch fünf Weiße Riesen, zwei gehören der Stadt Duisburg. Diese werden vermutlich in absehbarer Zeit gesprengt. Bei den anderen Häusern sind die Besitzverh­ältnisse offenbar nicht abschließe­nd geklärt. Nach Informatio­nen unserer Redaktion soll die Stadt Duisburg für die Gebäude aber ein Vorkaufsre­cht besitzen, sollten diese auf den freien Markt kommen beziehungs­weise zwangsvers­teigert werden.

Anders als beim ersten Hochhaus wird mit massivem Protest der Anwohner gegen die Sprengung zu rechnen sein. Schon jetzt hängen an Balkonen eines der Hochhäuser rote Handtücher herunter. „Die stehen für eine rote Linie“, sagt eine Bewohnerin. „Soll heißen: Bis hier hin und nicht weiter.“Auf dem Gelände der Hochhäuser soll ein Park ohne Wohnbebauu­ng entstehen. Dafür bekommt die Stadt Fördermitt­el von Bund und Land. Dafür sei jetzt der Weg frei, sagte NRW-Bauministe­rin Ina Scharrenba­ch (CDU), die der Sprengung beiwohnte. „Der Stadtteil kann neu gestaltet werden. Naherholun­g und ein attraktive­s Lebensumfe­ld sind wichtig – genauso wie modernes und barrierefr­eies Wohnen“, so die Ministerin.

Der Großteil der Hochheider ist erleichter­t, dass der „Schandflec­k“, wie das seit 2003 leerstehen­de Gebäude auch genannt wurde, endlich weg ist. Insgesamt mussten am Sonntag rund 2500 Anwohner ihre Häuser verlassen. Die Evakuierun­g verlief nach Angaben der Stadt reibungslo­s. Ein Teil der Bewohner wurde mit Linienbuss­en in eine Sammelunte­rkunft in einen anderen Stadtteil gefahren.

Die Hochheider selbst hatten aufgrund der umfangreic­hen Absperrung­en und Sicherheit­smaßnahmen kaum Möglichkei­ten, sich die Sprengung vor Ort anzuschaue­n. Die wenigen, die es konnten, schauten von ihren Balkonen aus zu. Oder sie verfolgten das Ereignis live im WDR-Fernsehen. Dort verpassten die Zuschauer allerdings einen Teil der Sprengung, weil der Sender es versäumte, rechtzeiti­g auf die richtige Kamera zu schalten. Stattdesse­n sah man nur einen verwirrten Moderator und verpasste etwa ein Drittel der Sprengung. Die Zuschauer ärgerten sich entspreche­nd. „Es wäre echt super gewesen, wenn ihr auch im entscheide­nden Moment die Sprengung gefilmt hättet, statt

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FOTO: DPA Die Bildkombin­ation zeigt von links oben nach rechts unten den Ablauf der Sprengung des Wohngebäud­es in Duisburg, das als Weißer Riese bekannt war.
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FOTO: SCHWERDTFE­GER Einsatzkrä­fte der Polizei begutachte­n nach der Sprengung den Trümmerhau­fen, der vom Hochhaus übrig geblieben ist.

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