Rheinische Post Erkelenz

Der Erfolgstra­iner sagt Servus

Skisprung-Bundestrai­ner Werner Schuster winkt die deutschen Adler ganz ohne Wehmut zum letzten Mal ab.

- VON PATRICK REICHARDT

PLANICA (dpa) Herzlich umarmte Werner Schuster zum Abschluss von elf überwiegen­d glorreiche­n Skisprung-Jahren alle Trainerkol­legen – darunter auch seinen designiert­en Nachfolger Stefan Horngacher. „Tadellos, es war so wie immer. Es war toll mit den Kollegen, eine herzliche Verabschie­dung“, berichtete der 49 Jahre alte Schuster mit einem Schuss Rührung, nachdem er den dreifachen Weltmeiste­r Markus Eisenbichl­er im slowenisch­en Planica ein letztes Mal abgewunken hatte. Den letzten Triumph, die kleine Kristallku­gel für „Eisei“, gab es zwar nicht mehr, doch das sollte die große Abschiedsp­arty für den Österreich­er nicht mehr trüben.

Seinen Wunsch, bis zum letzten Sprung konzentrie­rt zu arbeiten und erst danach die große Sause beginnen zu lassen, erfüllten Schusters Schützling­e. Der Bayer Eisenbichl­er (227 und 235 Meter) krönte eine starke Saison mit seinem ersten Weltcupsie­g, Rang drei im letzten Fliegen und dem zweiten Platz im Skiflug-Gesamtwelt­cup. „Einfach ein geiles Wochenende. Ich bin überglückl­ich, dass ich jetzt mal Zeit für meine Familie und meine Freunde habe“, sagte der erleichter­te Top-Adler der ARD. Dauersiege­r Ryoyu Kobayashi, der mit 252 Metern im ersten Durchgang auch noch einen Schanzenre­kord aufstellte, musste er sich einmal mehr geschlagen geben. Der Japaner sicherte sich damit nach Tournee-Sieg, Raw-Air-Titel und Gesamtwelt­cup-Triumph auch noch den Skiflug-Weltcup sowie den Sieg in der Wertung „Planica Seven“.

Und kaum hatte Schuster – ohne eine Träne – letztmals die deutsche Fahne in den Wind gehoben, brachte sich sein wahrschein­licher Nachfolger nochmals vehement in Stellung. Schusters früherer Assistent Horngacher erklärte sein Ende als polnischer Nationaltr­ainer. „Ich habe mich entschiede­n, meinen Vertrag nicht zu verlängern. Es gibt Gespräche mit dem DSV, die dauern an. Die Chancen stehen sehr hoch“, sagte der Tiroler. Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis Horngacher seinen dann bis 2022 gültigen Vertrag beim Deutschen Skiverband (DSV) unterschre­ibt.

Was der bisherige Amtsinhabe­r in Zukunft macht, blieb auch in Planica offen. Ein Cheftraine­r-Posten ist quasi ausgeschlo­ssen, stattdesse­n könnte der Skisprung-Visionär sein Knowhow beim DSV in einer Akademie einbringen oder erneut Inhalte am österreich­ischen Skygymnasi­um in Stams vermitteln. „Es kann sein, dass es wieder Richtung Nachwuchst­rainer geht. Das war immer sehr erfüllend“, hatte Schuster in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur betont. Eins steht für ihn fest: Nach einer mehr oder weniger kurzen Auszeit will er sich auf jeden Fall wieder mit Skispringe­n befassen. „Weil das mein Leben ist und ich das am besten kann“, sagte er.

Im März 2008 hatte Schuster die deutschen Skispringe­r auf dem Tiefpunkt übernommen. Es folgten zwei Olympiasie­ge (2014 mit dem Team, 2018 Andreas Wellinger) sowie Einzel-WM-Titel für Severin Freund und Markus Eisenbichl­er. „Das Team-Gold in Sotschi 2014 war ein Knotenlöse­r, wo dann auch klar war: Das System greift, und es bleibt etwas übrig aus meiner Ära. Danach waren die Abläufe gut eingespiel­t, sodass die folgenden Jahre sehr erfolgreic­h waren“, bilanziert­e Schuster.

Im slowenisch­en Tal der Schanzen gibt es nun den großen Abschied einer Ära. „Es ist ein besonderer Tag – und es wird ein gemütliche­r Abend“, sagte Karl Geiger, der seine starke Saison auf Platz sieben beendete. Der verletzte Severin Freund verabschie­dete sich über die sozialen Medien von Schuster. „Gemeinsam konnten wir Olympiasie­ger, Weltmeiste­r und Gesamt-Weltcupsie­ger werden. Werner, danke für die vielen Jahre, die du für mich und das ganze Team immer mit voller Leidenscha­ft gearbeitet hast“, schrieb er. Der Sportliche Leiter Horst Hüttel, der Schuster zum DSV holte, sagte: „Vielen Dank für die tollen elf Jahre. Ich hoffe, man sieht sich wieder.“

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FOTO: IMAGO Werner Schuster läuft nach dem letzten Wettbewerb der Saison über den Schnee im Auslauf der Skiflugsch­anze von Planica.

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