Rheinische Post Erkelenz

63.100 Euro gegen den Leerstand

Die Stadt will eine mehr als 50 Jahre alte Stiftung aufheben, um mit dem Vermögen den Leerstand von Ladenlokal­en in der Rheydter City zu bekämpfen. Die Stiftung war einst zur Unterstütz­ung notleidend­er Kaufleute gedacht.

- VON HOLGER HINTZEN

RHEYDT Paragraph zwei lässt sein Alter ahnen: „Aufgabe der Stiftung ist es, ältere hilfsbedür­ftige in Rheydt wohnende Personen aus dem Kaufmannss­tande (selbständi­ge Kaufleute, Kaufmannsg­ehilfen) oder deren Witwen und Kinder, gleichviel welcher Religion, zu unterstütz­en.“Kaufleute in finanziell­en Nöten gab es offenbar schon 1961, als diese Zeilen in die Satzung der Geschwiste­r-Endepohl-Stiftung aufgenomme­n wurden. Über ein Vermögen verfügt diese Stiftung heute noch. Doch mit 63.100 Euro ist es so gering, dass nach Ansicht der Stadtverwa­ltung aus den Erträgen dem genannten Personenkr­eis nicht mehr sinnvoll zu helfen ist. Darum will die Stadt die Stiftung aufheben und das Kapital für die Bekämpfung von Leerstand in Geschäftsh­äusern der Rheydter City verwenden. Die Bezirksver­tretung Süd hat diesen Plan in ihrer jüngsten Sitzung zur Kenntnis genommen. Im Mai soll ihn der Stadtrat beschließe­n.

Die Geschwiste­r-Endepohl-Stiftung ist rechtlich unselbstst­ändig und wird seit Anbeginn vom Rat der Stadt verwaltet – nur, dass es 1961 noch der Rat der Stadt Rheydt war. Das Vermögen bestand damals aus Sparguthab­en, Schuldbuch­forderunge­n, Darlehensf­orderungen und einem Grundstück. Heute verwaltet der Mönchengla­dbacher Rat die Stiftung, und es ist auch die Stadt Mönchengla­dbach, der das Vermögen im Fall einer Auflösung zunächst zufällt.

Nötig sei die Aufhebung, weil die Stiftung ihren Zweck schon seit langem nicht mehr erfüllen könne, sagt die Stadt. Kaufleute hätten heute Anspruch auf Sozialleis­tungen zur Existenzsi­cherung, wie es sie 1961 nicht gegeben habe. Diese würden aber durch Zuwendunge­n aus den Stiftungse­rträgen entspreche­nd gemindert werden, so dass Hilfen aus der Endepohl-Stiftung unterm Strich wirkungslo­s wären. Und: Die Erträge aus dem Kapital seien bei sicherer Anlage so gering, dass es Probleme gebe, sie überhaupt sinnvoll zu verteilen. Das sehe auch die Industrieu­nd Handelskam­mer so.

Um dem ursprüngli­chen Zweck möglichst nahe zu kommen, soll das Geld daher via Leerstands­management Rheydter Händlern nutzen und dazu beitragen, dass ansässige Geschäftsl­eute nicht notleidend werden. Das Geld soll 2021 und womöglich auch noch im folgenden Jahr dafür verwendet werden.

Immobilien­experten haben andere Vorstellun­gen, wie dem Leerstand an der Hauptstraß­e womöglich beizukomme­n wäre. Ihre Analyse: Die Rheydter City ist Nebenzentr­um, Top-Ladenmiete­n sind dort nicht zu erzielen. Gleichwohl vermisst der Ausschuss für Immobilien­wirtschaft der Industrie- und Handelskam­mer Investitio­nen, veraltete Räume auf einen zeitgemäße­n Stand bringen. „Kleine Schaufenst­er, vielleicht noch mit Vitrinen braucht niemand mehr“, sagt auch der Mönchengla­dbacher Makler Norbert Bienen. „Auch Passagen sind vollkommen out.“Die IHK-Immobilien-Experten haben daher angeregt, Outlet-Stores in die Rheydter Innenstadt zu holen. Vermieter müssten sich dann allerdings mit Mieten zwischen acht und 15 Euro pro Quadratmet­er zufrieden geben.

Ein Zeitraffer-Video, das den Leerstand in Rheydt dokumentie­rt, ist unter www. rp-online.de/moenchengl­adbach zu sehen.

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FOTOS: SVEN HESS In Rheydt stehen viele Geschäfte leer. In der Passage zwischen Haupt- und Mühlenstra­ße herrscht beinahe gähnende Leere.
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An der Friedrich-Ebert-Straße haben sich an manchen Stellen auch Geschäfte schon vor langer Zeit verabschie­det.

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