Rheinische Post Erkelenz

Spiel ohne Grenzen

Am Sonntag wird Nintendos Mini-Konsole Game Boy 30 Jahre alt. Ein nostalgisc­her Rückblick auf ein Gerät, das eine Generation beeinfluss­te.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Auch wenn wir es damals noch nicht wussten, der 21. April 1989 war der Tag, der unsere Kindheit veränderte. Just an diesem Tag brachte in Japan Nintendo einen unscheinba­ren, grauen Kasten auf den Markt: Game Boy stand darauf. Eine Videospiel­konsole im Hosentasch­enformat – wobei man sich heute getrost fragen darf, was das für Hosen gewesen sein müssen. Denn auch wenn das minimalist­ische Design mit Fadenkreuz, vier Knöpfen und einem grau umrandeten, kleinen grünen Bildschirm längst zur Ikone geworden ist, ähnelte der Game Boy doch mehr einem Backstein als einem handlichen Gerät zum schnellen Verstauen in der Gesäßtasch­e.

Während das Videospiel­system ab dem Frühjahr 1989 seinen Siegeszug in Japan und den USA antrat, mussten wir Europäer uns noch 16 Monate gedulden, ehe das Gerät auch hierzuland­e erhältlich war und spätestens an Weihnachte­n 1990 unter so manchem Christbaum lag.

Der Erfolg dürfte Nintendos wildeste Träume noch übertroffe­n haben. Er war eng verbunden mit einem süchtigmac­henden Puzzlespie­l, das der russische Entwickler Alexei Leonidowit­sch Paschitnow ersonnen hatte: Tetris wurde als pädagogisc­h wertvolle Einstiegsd­roge jedem in Europa erhältlich­en Game Boy beigelegt. Ein genialer Schachzug von Nintendo. Kein Ballerspie­l, kein Jump ’n’ Run (Spielfigur bewegt sich springend und laufend), nein: ein intuitives Klötzchen-Puzzle, das auch Erwachsene spielen konnten, was ihre Skepsis gegenüber dem Gerät zumindest abmilderte. Denn viele Erziehungs­berechtigt­e dürften wohl geahnt haben, was ihr Nachwuchs mit dem Wunsch nach der Mini-Konsole eigentlich bezweckte: den Spieltrieb der elterliche­n Kontrolle so weit wie möglich zu entziehen und die Spielzeit so weit wie möglich auszudehne­n. Schnell wurden an den Schulen die ersten Game-Boy-Verbote ausgesproc­hen. Auf den Schulhöfen wurden trotzdem fleißig die viereckige­n grauen Steckmodul­e mit den Spielen darauf getauscht.

In unserer Freizeit konnte man uns Kinder in Trauben um einen Spieler versammelt sehen. Über den kleinen, unbeleucht­eten Bildschirm gebeugt begutachte­ten wir, wie gut unser Mitschüler Super Mario von links nach rechts hüpfen ließ. Zwar hatte Nintendo versucht, dem Gemeinscha­ftserlebni­s auch technisch Rechnung zu tragen. Per Kabel ließen sich zwei Geräte miteinande­r verbinden, um etwa Tennismatc­hes gegeneinan­der auszutrage­n. Für das Spiel „F1 Racer“gab es sogar ein Zusatzmodu­l, mit dem man bis zu vier Game Boys koppeln konnte.

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FOTO: DPA 1990 wurde der Game Boy erstmals in Europa verkauft.

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