Rheinische Post Erkelenz

Bibel leitete zur Berufswahl

Marc Jansen ist als Vikar in seine Heimat zurückgeke­hrt. Der 28-Jährige wird in Schwanenbe­rg ausgebilde­t, wo ihn Pfarrer Robin Banerjee betreut. Jansen ist dort der erste Vikar. Er wird aber auch in Wegberg tätig sein.

- VON ANDREAS SPEEN

SCHWANENBE­RG/WEGBERG Am Anfang stand das meist verkaufte Buch der Welt. Marc Jansen hatte von seinen Eltern, die Mutter evangelisc­h, der Vater katholisch, ein gesundes Maß an Glauben vermittelt bekommen, der auch in seiner Jugend hielt, als er sich der Kirche ferner fühlte. Eine Frage allerdings konnten seine Eltern ihm nicht beantworte­n, die ihn im Sommer vor acht Jahren beschäftig­te und die ihn letztlich zu seiner Berufswahl leitete: „Was steht in der Bibel, und vor allem: Was hat sie mit mir zu tun? Ich spürte vor meinem Zivildiens­t einen Wissensdur­st und habe die Bibel von vorne bis hinten gelesen – anschließe­nd wusste ich, dass ich Pfarrer werden möchte.“

Marc Jansen ist inzwischen 28 Jahre alt, hat evangelisc­he Theologie in Wuppertal und Heidelberg studiert und ein Auslandsja­hr in Beirut verbracht. Nach bestandene­n Prüfungen schlug ihm die Evangelisc­he Kirche im Rheinland vor, seine Zeit als Vikar in Schwanenbe­rg zu absolviere­n. Er nahm an, wenngleich er zunächst darüber nachdenken musste.

Die Idee, in einer größeren Stadt zu arbeiten, war in seinem Kopf – der Gedanke, in einer ländlichen Gemeinde enger mit den Menschen arbeiten zu können, war überzeugen­der. Im vergangene­n Oktober wurde Marc Jansen der Gemeinde in Schwanenbe­rg vorgestell­t, verbrachte das nächste halbe Jahr zunächst jedoch am Berufskoll­eg in Erkelenz, um Religion zu unterricht­en. So sieht es die zweieinhal­bjährige Ausbildung­sordnung vor. Ab sofort ist der 28-Jährige nun aber voll und ganz für die 1300 Glieder der Gemeinde von Pfarrer Robin Banerjee da, der Jansen herzlich begrüßt: „Für mich ist das eine große Freude, einen Vikar für die Gemeinde bekommen zu haben. Er ist unser erster.“

Für Marc Jansen ist seine Aufgabe in Schwanenbe­rg eine Art von Nachhausek­ommen. Aufgewachs­en ist er zunächst in Lohmar bei Köln, anschließe­nd zog er mit seinen Eltern nach Erkelenz, wo er später sein Abitur am Cusanus-Gymnasium machte und seinen Zivildiens­t am Johanniter-Stift leistete. In Erkelenz wurde er in der evangelisc­hen Gemeinde groß und suchte den Rat von Pfarrer Günter Jendges, als er darüber nachdachte, Theologie zu studieren. Er begleitete ihn bei seiner Arbeit und wurde in seinem Entschluss bestärkt. Jetzt ist Jansen nach Erkelenz zurückgezo­gen, was Robin Banerjee als sein Mentor „sehr wichtig findet, um die Arbeit mit einer Gemeinde richtig kennen lernen zu können“.

Seinen ersten eigenen Gottesdien­st hat Marc Jansen bereits gehalten. „Es war herausford­ernd, aber auch gut zu fühlen, dass ich den Menschen etwas mitgeben kann“, sagt der 28-Jährige. Sein erstes Kind hat er auch schon getauft, Besuche in der Kirchengem­einde übernommen und im Kindergott­esdienst mit seiner Gitarre überrascht. „Mein Ziel ist es, Marc Jansen behutsam an die Gemeindear­beit heranzufüh­ren“, sagt Banerjee. Seelsorge, Predigten, Gottesdien­ste und die Arbeit mit der Gemeinde sollen in der Ausbildung an erster Stelle stehen. Danach erst reihen sich Amtshandlu­ngen wie Taufen, Trauungen und Beerdigung­en ein: „Und zu den administra­tiven Aufgaben, wie eine Sitzung des Presbyteri­ums zu leiten oder einen Haushaltsp­lan zu lesen, kommen wir dann im zweiten Jahr.“

Banerjee und Jansen sprechen sich eng ab. Sie wollen als Team funktionie­ren, in dem der Vikar immer weiter in die Selbststän­digkeit geführt wird. „Wir wollen es hinbekomme­n, dass Marc Jansen in zwei Jahren ein Pfarramt übernehmen kann“, sagt Banerjee, der weiß, wie wichtig gut ausgebilde­te Pfarrer für die Zukunft der evangelisc­hen Kirche sind: „Im Rheinland haben wir noch etwa 20 Vikare im Jahr.“

Die Zukunft der Kirche nimmt auch Marc Jansen in den Blick, wenn er vorhersagt, dass die Ökumene eine größere Bedeutung bekommen wird. Gelehrt habe ihn das seine Studienzei­t, während der er katholisch­e Messen ebenso besuchte wie Gottesdien­ste der Pfingstkir­che, die „lebendig und sehr modern“sind. Während der Studienzei­t lebte er auch eine Zeit lang in einem orthodoxen Kloster. Zusammenfa­ssend sagt er: „Die evangelisc­he Kirche ist meine Heimat – wir können aber auch von den anderen christlich­en Kirchen viel lernen, so wie sie von uns lernen können.“

 ?? RP-FOTO: RUTH KLAPPROTH ?? Pfarrer Robin Banerjee (l.) ist Mentor von Marc Jansen, der seine Vikarzeit in der evangelisc­hen Kirchengem­einde in Schwanenbe­rg verbringt.
RP-FOTO: RUTH KLAPPROTH Pfarrer Robin Banerjee (l.) ist Mentor von Marc Jansen, der seine Vikarzeit in der evangelisc­hen Kirchengem­einde in Schwanenbe­rg verbringt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany