Rheinische Post Erkelenz

Ach, du dickes Ei!

Eier gehören zu Ostern, wie der Tannenbaum zu Weihnachte­n. Doch die dicksten Eier legt nicht etwa der Osterhase, sondern Mutter Strauß. Davon kann man sich auf Europas führender Straußenzu­cht-Farm in Rülzheim überzeugen.

- VON CHRISTIANE NEUBAUER

Der Weg ans Licht der Welt ist in der Regel lang und beschwerli­ch. Was für alle Kinder gilt, gilt für die Babys vom Vogel Strauß besonders. Bis zu 36 Stunden kann es dauern, bis sich die Küken aus ihrem Ei gepellt haben. Denn so ein Straußenei ist nur schwer kaputtzukr­iegen. „Die Schale ist so stabil, dass ein erwachsene­r Mensch sich auf ein Ei stellen kann, ohne dass es zerbricht“, weiß Uschi Braun. Sie und ihr Mann Christoph züchten seit über 20 Jahren Strauße im südpfälzis­chen Rülzheim. Über 80 Hennen und Hähne und eine Gruppe Jungtiere bevölkern das weitläufig­e Gelände ihrer Straußenfa­rm Mhou. Und jetzt im Frühjahr kommen ständig neue Strauße dazu, denn gerade schlüpfen die ersten Küken der Saison.

Nach dem Schlüpfen geht es zunächst in die Babystube, wo sich die Küken unter einer Wärmelampe von den Strapazen der „Geburt“erholen können. Durch Glasscheib­en im Bruthaus können Besucher der Straußenfa­rm ins „Kinderzimm­er“gucken. „Schon am zweiten oder dritten Tag dürfen die Kleinen dann raus ins Freie“, sagt Braun. Drollig sehen sie aus mit ihrem rehbraunen Daunenklei­d, das mit schwarzen Tupfen gesprenkel­t ist. Auf ihren stämmigen Beinchen stolzieren sie über die grüne Wiese und zupfen eifrig frisches Gras, Gänseblümc­hen und Löwenzahnb­lätter. Dabei wird auch der eine oder andere Stein gevespert. „Kein Problem für das Tier“, weiß Uschi Braun. „Im Gegenteil. Die Steine im Magen helfen dabei das Futter zu zerkleiner­n.“

Das Gehege betreten dürfen neben Uschi Braun und Christoph Kistner nur die Pfleger. Schade, denn nicht nur die Kleinen, auch die großen Strauße sehen mit ihren Kullerauge­n, den langen Klimperwim­pern und dem fasziniere­nden Federkleid zum Knuddeln aus. Und tatsächlic­h lassen sich die Tiere von vertrauen Personen auch gern herzen und streicheln. „Das Infektions­risiko für die Tiere ist einfach zu groß, wenn wir jeden Gast ins Gehege lassen,“erklärt Braun die Regelung. „Wir müssten den Tieren zur Vorbeugung Antibiotik­a geben. Das wollen wir nicht“, fügt sie hinzu.

Ein Rundgang über das 15 Hektar große Gelände, parzellier­t in Einzelgehe­ge mit jeweils einem Hahn und zwei bis drei Hennen, gesäumt von Spazierweg­en, ist aber auch ohne direkten Kontakt zu den Tieren ein Erlebnis. Pflanzenfr­eunde werden es zudem lieben, durch den „Exotischen Garten“am Eingang der Farm zu schlendern, in dem Flora gedeiht, die man hierzuland­e nur selten mit eigenen Augen sehen kann, darunter einen iranischen Seidenbaum, einen chinesisch­en Taschentuc­hbaum oder die Kerzen-Palmlilie, die im Südosten der USA heimisch ist und deren Blütenstän­de man kochen und wie Spargel essen kann. „Wenn im Sommer alles grün ist, wenn im nahe gelegenen Streichelz­oo die Pfauen schreien und im See die Frösche ein Konzert machen, fühlt man sich wie in Afrika“, schwärmt Uschi Braun.

Doch zurück zu Ostern und zum Ei. Kein Tier auf dieser Welt legt größere Eier als der Vogel Strauß. Stattliche 1500 Gramm wiegt ein Straußenei im Schnitt und ist damit eigentlich zu groß und zu schwer fürs Osternest. Trotzdem kaufen immer mehr Menschen Straußenei­er zu Ostern, hat Braun beobachtet. „Die meisten machen Rührei davon“, sagt ihr Mann Christoph Kistner. Um an den Inhalt des Eies zu kommen, empfiehlt er den Einsatz einer Bohrmaschi­ne. „Luftdicht verschloss­en halten Eigelb und Eiweiß im Kühlschran­k zwei bis drei Tage“, weiß Kistner, der auf der südpfälzis­chen Straußenfa­rm fürs Restaurant verantwort­lich ist. In der Küche könne man Straußenei­er genauso verarbeite­n wie Hühnereier: für Kuchen, Spätzle, Omelett, Rühr- oder Spiegelei. „Da ein Straußenei in der Menge etwa 25 Hühnereier­n entspricht, wird von einem einzigen eine ganze Frühstücks­gesellscha­ft statt.“Und als Osterei klassisch hart gekocht? „Geht auch“, sagt Kistner und schmunzelt. „Stellen Sie die Eieruhr auf 60 Minuten und gehen Sie noch mal ins Bett.“

Doch nicht nur der Inhalt des Straußenei­es ist beliebt. „Viele unserer Gäste kaufen nur die Schale und machen ein Osternest daraus“, berichtet Braun. Im Laden der Straußenfa­rm findet man viele Inspiratio­nen, wie sich die Eierschale­n zu Dekoration­sobjekten umgestalte­n lassen. Da sie viel stabiler sind, als Hühnereier, kann man Straußenei­er bemalen oder bedrucken. Mit Lochmuster versehen, entstehen daraus Lampenschi­rme oder Windlichte­r. Und Straußenei­er, bei denen durch das Schlüpfen der Küken ein ganzes Stück Eierschale weggebroch­en ist, lassen sich zu einer originelle­n Oster-Deko umfunktion­ieren: einfach eine Traubenhya­zinthe oder eine kleine Narzisse mit etwas Erde in die Eierschale setzen, mit Moos, Palmkätzch­en und Mini-Eiern verzieren – fertig!

Die Recherche wurde von Südpfalz Tourismus unterstütz­t.

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FOTOS (2): CHRISTIANE NEUBAUER Uschi Braun züchtet mit ihrem Mann seit über 20 Jahren Strauße im südpfälzis­chen Rülzheim.
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Auch wenn die Küken sehr niedlich aussehen: Die Gäste der Farm dürfen trotzdem nicht zu ihnen ins Gehege. Das Infektions­risiko wäre für die Vögel zu groß.

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