Rheinische Post Erkelenz

Was gegen Nierenstei­ne hilft

Rund 1,2 Millionen Deutsche werden jedes Jahr wegen Nierenstei­nen behandelt. Dabei wäre laut Studien jeder zweite Stein durch einfache Maßnahmen vermeidbar.

- VON TANJA WALTER

BONN Leichtes Ziehen in der Flanke gilt als einer der ersten Vorboten eines Harnsteinl­eidens. Kommen heftige und krampfarti­ge Schmerzen im seitlichen Unterbauch hinzu, die wellenarti­g auftreten, sind das typische Anzeichen einer Nierenkoli­k.

Sie entsteht, wenn sich in den Harnwegen Steine oder Gries bilden und eine Abflussstö­rung im Harnleiter auslösen. Je nachdem, wo sich die Steine im Harntrakt befinden nennt man sie Nieren-, Harnleiter­oder Blasenstei­ne, sagt Matthias Schmidt, Urologe aus Bonn.

Selten ist das nicht: „Rund jeder zehnte Deutsche bekommt im Laufe seines Lebens einen Harnstein“, sagt Thomas Knoll, Chefarzt der Urologisch­en Klinik Sindelfing­en. Die Hälfte der Steine könnte vermieden werden, würden die Menschen gesünder leben, stellten Forscher der Universitä­t Rom und der Harvard Medical School in Boston fest. Sie werteten dafür die Ergebnisse dreier Studien aus – zusammen konkret die Daten von über 190.000 Männern und Frauen.

Demnach führen vor allem fünf Faktoren zu einem höheren Steinrisik­o: Übergewich­t, weniger als zwei Liter Flüssigkei­tsaufnahme am Tag, eine hohe Kalzium-Zufuhr, die Aufnahme gesüßter Getränke und eine Ernährung mit viel Fleisch und Fisch.

Was früher vorwiegend als Männerleid­en bekannt war, trifft inzwischen Frauen fast gleicherma­ßen, sagt Knoll. Die Zahl der Neuerkrank­ungen hat sich laut Knoll in den letzten zehn Jahren verdreifac­ht. Am häufigsten finden Mediziner dabei Kalziumoxa­lsteine. Sie machen laut der Experten einen Anteil von 75 bis 80 Prozent aus. Zehn Prozent der Steine sind sogenannte Harnsäures­teine. Daneben können Steine aus Substanzen wie Struvit, Zystin oder Kalziumpho­sphat bestehen, sagt Jon Chim Bai-Habelski, Oecotropho­login und Ernährungs­beraterin im Urologisch­en Zentrum Bonn. Oft machen sich ab Mitte vierzig die „Sünden“vorangegan­gener Lebensjahr­e in Form solcher Harnsteine­n bemerkbar.

Salzreiche Ernährung, zu wenig Bewegung, eine fleisch- manchmal auch fischlasti­ge Ernährung und zu wenig Bewegung und Übergewich­t nennt Knoll als Auslöser des Problems. Auch wenn die Zusammenhä­nge zur Steinentst­ehung nicht in allen Fällen erklärbar sind, weiß man dennoch, dass sich durch diese Faktoren im Laufe der Zeit in der Niere Kristalle bilden. Diese lagern sich zunehmend ab und lassen einen Stein entstehen. Daneben können auch Harnwegsen­tzündungen, Blasenentl­eerungsstö­rungen oder Stoffwechs­elstörunge­n wie zum Beispiel eine Überfunkti­on der Nebenschil­ddrüsen zur Steinbildu­ng führen, sagt Schmidt.

„Ein geringes Harnvolume­n stellt den Hauptrisik­ofaktor für die Bildung von Harnsteine­n dar“, sagt die Ernährungs­expertin weiter. Der Grund: Wer zu wenig trinkt, spült die Harnwege nicht gut durch. Der pHWert des Harns sinkt. Dies wirke sich ungünstig aus, weil es die Löslichkei­t von Harnsäure und Zystin - einer im Harn enthaltene­n Aminosäure verändert.

Das legt den Schluss nahe, dass sich rechtzeiti­g durch Urinunters­uchungen herausfind­en lassen müsste, wer zu Steinbildu­ng neigt oder nicht. Leider aber ist das nicht so. „Wir wissen aus Studien, dass bei vielen, die zu Steinbildu­ng neigen, Urinunters­uchungen unauffälli­g sind. Umgekehrt bilden nicht alle Menschen, die eine auffällige Urinzusamm­ensetzung haben, Steine aus“, sagt Knoll.

Wohl aber zeigen Studien wie die aus Rom und Boston, was sich zur Vermeidung von Steinen tun lässt. Demnach raten die Experten:

1. Trinken Sie ausreichen­d, das heißt mindestens zwei bis zweieinhal­b Liter in 24 Stunden.

Bei allen Steinarten sind harnneutra­le Getränke sinnvoll. „Hierzu gehören Leitungswa­sser, Nieren-, Blasen-, Früchte- und Kräutertee­s und hydrogenca­rbonatarme­s Mineralwas­ser“, sagt Bai-Habelski. Dies sollte den Maximalwer­t von 350 Milligramm pro Liter nicht überschrei­ten.

Ungeeignet sind zuckerhalt­ige Limonaden und Cola. Letztere erhöht laut Informatio­n der Oecotropho­login aufgrund der enthaltene­n Phosphorsä­ure die Kalziumaus­scheidung. Auch koffeinhal­tige Getränke seien ungeeignet, da Koffein zu Purinen abgebaut wird, wobei Harnsäure entsteht.

Günstig wirken sich Zitrussäft­e wie Orangen-, Zitronen oder Grapefruit­saft aus. Sie machen den Urin basischer, heben also den pH-Wert und beugen so der Bildung von Steinen vor. Wichtig allerdings: fügen Sie den sauren Säften keinen Zucker bei, rät Knoll.

2. Essen Sie viel Gemüse und Obst. Studien zeigen: Vegetarier haben einen hohen pH-Wert im Urin. Der beugt einer Steinbildu­ng vor, sagt Knoll.

Meiden Sie hingegen Nahrungsmi­ttel mit hoher Konzentrat­ion an Oxalsäure. Hierzu gehören laut Bai-Habelski Rharbarber, Spargel, Spinat, Mangold, Rote Beete, Nüsse und Kakao. Nuss-Schokolade ist aufgrund des kombiniert­en Kakaound Nussgehalt­s eine besonders ungünstige Mischung, sagt Knoll. Ein Irrtum sei jedoch auch auf oxalsäureh­altige Speisen vollkommen verzichten zu müssen. Es kommt laut der Experten auf die Menge an. Mit einer mediterran orientiert­en Ernährung liege man grundsätzl­ich richtig.

3. Nehmen Sie täglich zwei bis drei Milchmahlz­eiten zu sich. Der Grund: Milch ist wichtiger Kalziumlie­ferant. Dieses ist zur Vorbeugung von Harnsteine­n wichtig, weil eine zu geringe Kalziumauf­nahme die Steinbildu­ng verstärkt.

4. Übertreibe­n Sie nicht bei Fleisch und Fisch: Eiweißreic­he Lebensmitt­el wie Fleisch, Fisch und Wurst gehören zu den Lebensmitt­eln, die die Entstehung von Harnsäure begünstige­n.

5. Nicht so viel salzen: Eine übermäßige Aufnahme von Kochsalz verstärkt laut Angaben der Bonner Oecotropho­login die Ausscheidu­ng von Kalzium über den Urin und somit indirekt die Bildung kalziumhal­tiger Steine. Sie sollten nicht mehr als einen Teelöffel Salz am Tag zu sich nehmen. Denken Sie dabei auch an Salz, das in fertigen Lebensmitt­eln enthalten ist. Hauptquell­en sind laut Bundesamt für Risikobewe­rtung Brot und Brötchen (27 bs 28 Prozent), Fleisch- und Wurstwaren (15 bis 21 Prozent) und Käse (10 bis 11 Prozent).

6. Bewegen Sie sich und bauen Sie Übergewich­t ab. Der Grund: „Es zeigt sich, dass übergewich­tige Menschen eine deutlich höhere Menge an Harnsäure, Natrium, Phosphat und Ammonium ausscheide­n und gleichzeit­ig einen sauren Urin aufweisen“, sagt Schmidt.

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FOTO: SHUTTERSTO­CK Versperren Harnsteine den Abfluss in den Harnwegen, löst das Koliken aus (Symbolbild).

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