Vermehrt psychische Diagnosen
Die AOK bilanziert den Krankenstand der versicherungspflichtigen Beschäftigten im Kreis Heinsberg. Er ist 2018 geringfügig gestiegen. Die Grippewelle und zunehmende psychische Belastungen sind Gründe für den Anstieg.
KREIS HEINSBERG In jedem Jahr legt das Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF GmbH), 100-prozentige Tochter der AOK Rheinland/Hamburg, eine statistische Auswertung des Krankenstandes der AOK-Mitglieder vor. Für den Kreis Heinsberg erläuterte Gregor Mertens, stellvertretender BGF-Institutsleiter, jetzt in Anwesenheit von AOK-Regionaldirektor Heinz Frohn und den Leitern der Regionalstellen Heinsberg und Erkelenz, Frank Schröder und Georg Langerbeins, die Ergebnisse.
Das Gesamtfazit zur statistischen Zahlenflut mutet zwar eher unspektakulär an, aber es lohnt sich im Detail genauer hinzusehen. So ist im Vergleich zu 2017 der Gesamtkrankenstand der rund 31.500 der AOK-versicherungspflichtig Beschäftigten in den Unternehmen des Kreises Heinsberg geringfügig gestiegen: von 5,85 Prozent im Jahr 2017 auf 5,98 Prozent, und liegt damit über dem rheinlandweiten Durchschnittswert von 5,73 Prozent.
Dabei hinterließen die Grippewelle zwischen Dezember und April 2018 Spuren, aber auch die offenbar auf dem Land im Gegensatz zu den Großstädten stärker spürbare Zunahme von Erkrankungen aus dem psychischen und psychosomatischen Formenkreis. Die Fehltage aufgrund von Infektionen erhöhten sich um 12 Prozent, auch Krankschreibungen wegen Atemwegserkrankungen stiegen um 9,9 Prozent.
Insgesamt hat sich der Krankenstand bis zu sechs Wochen (Entgeltfortzahlung) bei AOK-Versicherten im Kreis leicht von 3,96 auf 4,07 Prozent erhöht, das bedeutete für die Arbeitgeber geringfügig erhöhte Kosten im Vergleich zu 2018. Der Langzeit-Krankenstand (über sechs Wochen), für den Krankengeld gezahlt wird, blieb mit 1,91 Prozent (2017: 1,89 Prozent) in etwa gleich.
„Wir registrieren durchaus Branchenunterschiede beim Krankenstand“, sagte Mertens. „Je kleiner die Unternehmen, desto niedriger fällt er aus.“Insgesamt dominieren Atemwegserkrankungen als häufigste Diagnose die Statistik vor Infektionen sowie Rücken- und unspezifischen Muskelbeschwerden. Insgesamt gab es 2018 im Kreisgebiet sogar weniger Krankmeldungen von AOK-Versicherten, dabei stieg aber die Dauer der Arbeitsunfähigkeit, was den Gesamtkrankenstand leicht erhöht, erklärte Mertens. Mittlerweile gehen die meisten Fehltage
auf das Konto von Skelett-/Muskelbschwerden, dicht gefolgt von psychischen Störungen. Der Krankenstand in letzterem Bereich hat sich 2018 zwar nicht nennenswert im Kreisgebiet (bezogen auf AOK-Versicherte) erhöht, bleibt jedoch relativ stabil auf rheinlandweit überdurchschnittlichem Niveau.
Woran das liegt? AOK-Regionaldirektor Frohn vermutet eine Ursache in der schlechteren Versorgungssituation von betroffenen Patienten im ländlichen Raum im Gegensatz zu den Ballungszentren. Kurz: Er fehlen niedergelassene Neurologen/Psychiater. Auch im Bereich psychischer Belastungen versuchen die Präventionsangebote der Gesundheitskasse gegenzusteuern, betont Dieter Finken, Teamleiter Prävention. Immer mehr Betriebe zeigten sich offen für Maßnahmen gesundheitlicher Vorsorge und die Empfehlungen der AOK, wie etwa Mitarbeiterbefragungen oder Überprüfung von belastenden Arbeitsstrukturen. Die AOK bietet Betrieben ab 50 Mitarbeitern firmenbezogene Gesundheitsberichte an, berät und vermittelt betriebliche Präventionsangebote.
Und sie hat natürlich auch Branchen mit erhöhtem Krankenstand im Blick, darunter die stationäre und ambulante Altenpflege mit ihren bekannten Belastungen. Positiv jedoch vermerken die AOK-Fachleute auch, dass gerade Altenheime in der Region gerne Angebote der Prävention sowohl für Mitarbeiter wie für Bewohner annehmen und offen sind für sinnvolle Veränderungen in ihren Arbeitsabläufen.
Allgemein bestätige sich, dass offene Kommunikation und ein familienorientiertes Klima in Betrieben den Krankenstand drücken. Frank Schröder: „Besonders freut uns, wenn Betriebe durch unsere Anstöße selbst den Ehrgeiz entwickeln, sich etwa als ,familienfreundlicher Arbeitgeber’ zertifizieren zu lassen.“