Rheinische Post Erkelenz

Bäcker und Metzger auf dem Rückzug

Die Zahl der Bäckereien und Fleischere­ien in Deutschlan­d geht rapide zurück. Grund ist der fehlende Nachwuchs. Ein Drittel aller Bäckereien hat in den letzten zehn Jahren dicht gemacht.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Der handwerkli­che Lebensmitt­el-Einzelhand­el steht unter Druck. So ging die Zahl der handwerkli­chen Bäckereien in NRW in den vergangene­n zehn Jahren um ein Drittel von 2396 auf nur noch 1631 zurück. Die Zahl der Fleischere­ien sank im gleichen Zeitraum in NRW von 2546 auf jetzt nur noch 1664, wie der Zentralver­band des Deutschen Handwerks (ZDH) berichtet. Ursache ist weniger der mangelnde Appetit der Deutschen auf Brot und Fleisch als der Fachkräfte­mangel.

Denn die Nachfrage ist robust. So wurden in Deutschlan­d nach Angaben des Bäckerverb­ands 2018 bundesweit 14,67 Milliarden Euro umgesetzt – 1,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Fleischver­zehr lag nach vorläufige­n Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s für 2017 bei bundesweit rund 59,8 Kilo pro Kopf. Damit ist der Fleischver­brauch seit über 20 Jahren stabil. Die Branche setzte zuletzt bundesweit rund 17 Milliarden Euro um.

Übereinsti­mmend erklären das Bäcker- wie auch das Fleischerh­andwerk den Fachkräfte­mangel zum wesentlich­en Grund für die stark rückläufig­e Anzahl an Fachbetrie­ben. „Rund ein Drittel aller Ausbildung­splätze ist derzeit nicht besetzt“, sagte Gero Jentzsch vom Deutschen Fleischer-Verband. Der Bäcker-Zentralver­band beklagt einen Rückgang der Zahl der Bäckerlehr­linge im Vergleich zum Vorjahr um 4,2 Prozent auf bundesweit nur noch rund 6000. Dies sei „auch auf den anhaltende­n Trend zum Abitur“zurückzufü­hren, „der außer Acht lässt, dass auch andere Schulabsch­lüsse gute Karrieren ermögliche­n“, heißt es beim Verband.

Der Mangel an Nachwuchs zwingt viele Inhaber, ihre Betriebe zu verkaufen. Die Käufer sind oft größere Ketten oder Groß-Fleischer mit Filialbetr­ieben, die den einstmals selbststän­digen Bäcker- oder Fleischerb­etrieb dann als Außenstell­e weiterführ­en. Der Hauptgesch­äftsführer des Zentralver­bands des Deutschen Bäckerhand­werks, Daniel Schneider, hält das Gerede vom Bäckerster­ben denn auch für übertriebe­n. „Beim Rückgang der Betriebsza­hlen handelt es sich um einen Konzentrat­ionsprozes­s, der durch den allgemeine­n Strukturwa­ndel auf dem Backwarenm­arkt ausgelöst wurde“, so Schneider. Für die Bäckereien heißt das: nicht unbedingt weniger Verkaufsst­ellen, aber weniger eigenständ­ige Betriebe. Inzwischen haben auch alle großen Einzelhand­elsketten eigene kleine Backshops in den Verkaufsfl­ächen integriert.

Im Fleischer-Handwerk gibt es zwar weniger Ketten, aber der Verband bestätigt denselben Trend: Einzelbetr­iebe gehen in größeren Betrieben auf. Daher der statistisc­h dokumentie­rte Rückgang bei den handwerkli­chen Betrieben. Es wird nicht weniger Fleisch gekauft. Der Weg zum Metzger ist nur weiter geworden. Es gibt aber auch Beispiele, die zeigen, dass es anders geht. Etwa die Korschenbr­oicher Kleinbäcke­rei Huppertz, die Jeannette und Klaus Huppertz in sechster Generation führen. „Uns geht es gut“, sagt Jeannette Huppertz (47), und über eine künftige Nachfolger­egelung mache man sich bei drei Söhnen auch keine Sorgen. Zwei Gesellen, zwei Lehrlinge und eine wechselnde Anzahl an Verkaufshi­lfen unterstütz­en die Inhaber. Das Brot kommt bei den Huppertz’ nicht wie bei den Ketten aus dem Backautoma­ten, das Rezept gibt es bei der traditions­reichen Bäckerei seit 1851.

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