Rheinische Post Erkelenz

Eine Allianz zum Schutz der Frauen

- VON HOLGER MÖHLE

Der Außenminis­ter holt sich Unterstütz­ung bei Hollywood-Star Angelina Jolie. Ihr Ziel: der Kampf gegen sexuelle Gewalt als Kriegswaff­e.

NEW YORK Heiko Maas schwingt schon wieder den Hammer. Ein Schlag auf den Holztisch, dann ist auch diese Sitzung des UN-Sicherheit­srates eröffnet – wohlgemerk­t unter deutschem Vorsitz. Der deutsche Außenminis­ter ist am Dienstag bereits zum dritten Mal innerhalb von nur drei Wochen dienstlich in New York gelandet. Beim vergangene­n Mal hatte es noch eine Reifenpann­e bei der Landung und eine ärgerliche Verzögerun­g für den Auftakt seines Tagesplans gegeben.

Erstmals seit fast sieben Jahren hat Deutschlan­d für den Monat April wieder den Vorsitz im Sicherheit­srat der Vereinten Nationen inne. Maas wie auch der deutsche UN-Botschafte­r Christoph Heusgen wollen dabei mit einer Debatte im Sicherheit­srat, dem wichtigste­n Gremium der Uno, ein Ausrufezei­chen setzen: Deutschlan­d will die Weltgemein­schaft zu einem entschloss­eneren Vorgehen gegen sexuelle Gewalt gegen Frauen als Kriegstakt­ik in Krisengebi­eten versammeln.

Der deutsche Außenminis­ter hat sich dafür noch vor seiner Ankunft im UN-Hauptquart­ier am East River prominente Unterstütz­ung geholt. Mit der US-Schauspiel­erin Angelina Jolie, seit 2012 Sonderbots­chafterin des Flüchtling­shilfswerk­s UNHCR, veröffentl­ichte Maas in der „Washington Post“einen gemeinsame­n Artikel, in dem der Politiker und die Künstlerin Gewalt gegen Frauen beklagen. „Vergewalti­gungen und andere Formen der sexuellen Gewalt werden als Kriegs- und Terrortakt­ik in Konflikten eingesetzt“, schreiben Maas und Jolie in ihrem gemeinsame­n Gastbeitra­g. Obwohl es erste internatio­nale Bemühungen gebe, die Verbrecher zur Rechenscha­ft zu ziehen, müsse man doch feststelle­n: „Straffreih­eit ist immer noch die Norm.“Diese Straffreih­eit habe „verheerend­e Folgen“.

Der kongolesis­che Friedensno­belpreistr­äger, der Arzt Denis Mukwege, erzählt beispielsw­eise davon, dass in seiner Klinik für misshandel­te Frauen im Kongo gleich drei Generation­en derselben Familie vergewalti­gt worden seien: Mutter, Tochter und auch das Enkelkind. Auch Mukwege ist in dieser Woche nach New York eingeladen, wo er den UN-Sicherheit­srat über Auswüchse und Folgen systematis­cher Vergewalti­gung als Kriegstakt­ik informiere­n soll.

Deutschlan­d will sich nun mit gleichgesi­nnten Staaten und Organisati­onen dafür einsetzen, das internatio­nale Recht zu stärken. Maas verwies in dem Beitrag in der „Washington Post“darauf, dass der deutsche Generalbun­desanwalt bereits 2014 Ermittlung­en wegen Kriegsverb­rechen und Verbrechen gegen die Menschlich­keit durch die Folterknec­hte der Terrormili­z Islamische­r Staat im Irak und in Syrien initiiert habe. Diese Verfahren hätten schließlic­h zu ersten internatio­nalen Haftbefehl­en gegen Folterer von jesidische­n Frauen und zur Einstufung dieser Verbrechen als Völkermord geführt. Bereits im Jahr 2000 hatte der UN-Sicherheit­srat mit seiner Resolution 1325 dazu aufgerufen, Frauen vor sexueller Gewalt zu schützen und deren Interessen gleichbere­chtigt bei Friedensve­rhandlunge­n sowie beim Wiederaufb­au nach Konflikten zu berücksich­tigen.

Dass Heiko Maas und Angelina Jolie gemeinsam gegen sexuelle Gewalt, instrument­alisiert als Kriegstakt­ik gegen Frauen, auftreten, kommt nicht von ungefähr. Die US-Schauspiel­erin setzt sich seit Jahren für Frauen in Kriegsgebi­eten ein. Zuletzt hatten sich Maas und Jolie Ende März in New York getroffen. Wenn es der guten Sache dient, gehen Politik und Showbusine­ss immer wieder gerne solche Allianzen ein. Zuletzt waren beim G7-Treffen im bretonisch­en Küstenstäd­tchen Dinard der britische Außenminis­ter Jeremy Hunt und die kanadische Außenminis­terin Chrystia Freeland,

wenn auch in einer anderen Sache, mit der US-Menschenre­chtsanwält­in Amal Clooney, der Ehefrau von Schauspiel­er George Clooney, vor die Kameras getreten.

Hunt, Freeland und Clooney setzten sich für eine weltweit freie Presse ein und sprachen sich gegen die Behinderun­g und Verfolgung von Journalist­en aus. Maas und Jolie wollen dabei aber mehr als Show bieten. „Resolution­en des UN-Sicherheit­srates bleiben nur Papier, wenn wir nicht sicherstel­len, dass Regeln befolgt werden“, heißt es in dem gemeinsame­n Beitrag.

Auch diese Debatte bei den Vereinten Nationen – angetriebe­n von der Bundesrepu­blik – produziert zunächst viel Papier. Doch der Außenminis­ter will, dass daraus mehr wird: eine internatio­nale Allianz zum Schutz von Frauen in Krisengebi­eten weltweit vor Vergewalti­gung und Erniedrigu­ng.

 ?? FOTO: THOMAS IMO/PHOTOTHEK.NET/AUSWÄRTIGE­S AMT/DPA ?? Bereits Ende März hatten sich Angelina Jolie und Heiko Maas in New York getroffen, um den Kampf gegen sexuelle Gewalt in Kriegen voranzubri­ngen.
FOTO: THOMAS IMO/PHOTOTHEK.NET/AUSWÄRTIGE­S AMT/DPA Bereits Ende März hatten sich Angelina Jolie und Heiko Maas in New York getroffen, um den Kampf gegen sexuelle Gewalt in Kriegen voranzubri­ngen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany