Rheinische Post Erkelenz

Betriebsre­ntner hoffen auf Entlastung

Mittelstan­dspolitike­r der Union unternehme­n einen neuen Anlauf, die eigene Regierungs­spitze zu überzeugen: Wer als Arbeitnehm­er fürs Alter vorgesorgt hat, soll später nur noch den halben Krankenkas­sen-Beitrag bezahlen müssen.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Mittelstan­dspolitike­r der Union machen mobil gegen eine sozialpoli­tische Ungerechti­gkeit: Sie fordern die Bundesregi­erung auf, die Empfänger von Betriebsre­nten und Lebensvers­icherungen von der doppelten Beitragsla­st für die gesetzlich­e Krankenver­sicherung (GKV) zu befreien. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) solle ihren Widerstand gegen die Abschaffun­g der so genannten Doppelverb­eitragung der Betriebsre­nten aufgeben, lautet die Forderung. Da die Haushaltsm­ittel derzeit knapper würden, könne man sich auf einen Kompromiss einigen, der deutlich weniger kosten würde als die komplette Abschaffun­g, sagt Carsten Linnemann, Chef der Mittelstan­dsvereinig­ung von CDU/CSU (MIT). Ihm schließt sich der Chef des Parlaments­kreises Mittelstan­d in der Unionsfrak­tion (PKM), Christian von Stetten, an. Der PKM vertritt etwa die Hälfte der Unionsabge­ordneten.

Wer eine staatlich geförderte betrieblic­he Altersvers­orgung erhält, muss auf die ausgezahlt­en Beträge nicht nur den Arbeitnehm­eranteil des GKV-Beitrags, sondern auch den Arbeitgebe­ranteil abführen. Betroffen sind davon mehr als sechs Millionen Menschen, die eine Betriebsre­nte erhalten oder eine Direkt-Lebensvers­icherung abgeschlos­sen haben. Die rot-grüne Regierung hatte die Regelung 2004 eingeführt, um die finanziell­e Schieflage der Krankenkas­sen aufzufange­n. Mittlerwei­le hat sich die Finanzlage der GKV aber gebessert. Die CDU hatte die Abschaffun­g des doppelten Beitrags auf ihrem Bundespart­eitag im vergangene­n Dezember beschlosse­n. Merkel hatte im Februar aber erklärt, für das Vorhaben sei im Koalitions­vertrag kein Geld eingeplant worden, es könne daher nicht umgesetzt werden.

MIT-Chef Linnemann und Mitstreite­r wollen jedoch nicht aufgeben. „Bei der betrieblic­hen Altersvors­orge müssen wir endlich entlasten“, sagte Linnemann unserer Redaktion. „Ohne Beitragsen­tlastung wird die betrieblic­he Altersvors­orge 0,49 kann, wie es in Fraktionsk­reisen hieß. Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) wolle seine Gesetzespl­äne zur Abschaffun­g des doppelten Beitrags vorantreib­en, wenn er mit der Unterstütz­ung aus den Bundestags­fraktionen rechnen könne. „Die doppelte Beitragsza­hlung wird von Millionen Menschen als ungerecht empfunden. Wir werden da tätig werden müssen, auch wenn wir am Ende nur eine kleinere Kompromiss­lösung finden“, hieß es in den Kreisen. Auch die SPD hatte bereits Zustimmung signalisie­rt.

Müssten die Krankenkas­sen den Betrag finanziere­n, drohte eine Beitragssa­tzerhöhung, die die Union vermeiden möchte, weil auch das vor allem wieder von der jungen Generation geschulter­t werden müsste. Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD), der eine ungünstige Steuerschä­tzung erwartet, sieht jedoch keinen Spielraum im Etat. Linnemann schlägt deshalb eine günstigere Lösung vor, die etwa eine Milliarde Euro pro Jahr kosten würde: „Entweder wir halbieren die Beiträge in der Auszahlung­sphase oder wir wandeln die derzeitige Freigrenze von rund 152 Euro in einen Freibetrag um“, sagt er. „Damit würden wir alle Betriebsre­ntner entlasten, die heute Beiträge zahlen.“Hintergrun­d: Es gibt bereits eine Freigrenze für niedrige Betriebsre­nten von monatlich 152,25 Euro. Nur wer darüber liegt, muss den doppelten GKV-Beitrag bezahlen. Würde man sie in einen Freibetrag umwandeln, würden alle profitiere­n, weil sie den doppelten Beitrag nur für Beträge über 152,25 Euro zahlen müssten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany