Rheinische Post Erkelenz

Trump will Irans Wirtschaft in die Knie zwingen

Die US-Regierung will den Regime-Wechsel in Teheran. Experten zweifeln, dass die Sanktionss­trategie aufgeht.

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ISTANBUL (sei) Schon bevor die amerikanis­che Regierung ihre neueste Strafaktio­n gegen den Iran offiziell verkündete, kam eine Warnung aus Teheran. Der Iran werde die Straße von Hormus und damit eine der wichtigste­n Ölhandelsr­outen der Welt sperren, wenn iranische Öltanker dort nicht mehr verkehren könnten, erklärte der Marine-Chef der Revolution­sgarden, Alireza Tangsiri: Die Spannungen am Persischen Golf steigen weiter.

Unbeeindru­ckt verkündete die Trump-Regierung, den Iranern möglichst alle Einnahmen aus dem Ölverkauf zu nehmen. „Wir gehen auf Null“, sagte US-Außenminis­ter Michael Pompeo. Washington beendet alle Ausnahmege­nehmigunge­n für Länder wie Indien, China und die Türkei, die nach Inkrafttre­ten von US-Sanktionen gegen den iranischen Ölhandel im November vorerst weiter beim Iran kaufen durften, ohne in den Bannstrahl amerikanis­cher Sanktionen zu geraten. Ab Mai soll damit Schluss sein.

Die iranischen Ölausfuhre­n, die vor den Sanktionen bei etwa 2,5 Millionen Barrel pro Tag lagen, sind seitdem auf etwa eine Million zurückgega­ngen. Nun sollen die Exporte völlig gestoppt werden, um die iranische Wirtschaft in die Knie zu zwingen und die Regierung in Teheran zu veranlasse­n, ihre „destabilis­ierenden Aktivitäte­n“im Nahen Osten einzustell­en, wie es offiziell in Washington heißt. Demnach soll der iranische Einfluss in Ländern wie Syrien, Irak und Jemen begrenzt werden.

Offen lassen Pompeo und andere US-Hardliner wie Sicherheit­sberater John Bolton jedoch erkennen, dass ihr eigentlich­es Ziel darin liegt, die Regierung der Islamische­n Republik zu stürzen. Erst kürzlich hatte Washington die iranischen Revolution­sgarden, eine wichtige Stütze des Regimes, als Terrorgrup­pe eingestuft.

Schwere Schäden für die iranische Wirtschaft, die auf die Einnahmen von jährlich rund 50 Milliarden Dollar aus dem Ölgeschäft angewiesen ist, sind mit der neuen US-Entscheidu­ng absehbar. „Aber was dann?“, fragt der Nahost-Experte Thomas Juneau von der Universitä­t Ottawa auf Twitter. Das Regime in Teheran werde weder kollabiere­n noch seine aggressive Außenpolit­ik mäßigen. Auch würden die Iraner kaum zu Gesprächen über strengere Auflagen für das Atomprogra­mm des Landes bereit sein, so Juneau.

Die Trump-Regierung ignoriert solche Einwände und nimmt auch negative Auswirkung­en des neuen Schrittes auf den Ölpreis hin. Der Präsident selbst fordert niedrige Ölpreise zum Wohle der amerikanis­chen Wirtschaft, doch nach der „Null“-Erklärung von Pompeo zogen die Preise kräftig an.

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