Rheinische Post Erkelenz

„Das Thema Fußball war abgehakt“

Alexander Scheelen steht nach seiner Krebserkra­nkung wieder auf dem Spielfeld.

- VON HOLGER SCHMIDT

OBERHAUSEN (dpa) Als er die Schocknach­richt Lymphdrüse­nkrebs erhielt, bat Alexander Scheelen den Arzt erst einmal um einen Aufschub. Mit der Therapie könne er frühestens in zwei Wochen beginnen, sagte der damals 30-Jährige. Schließlic­h war erst die Hochzeit mit Pelin angesetzt. „Das konntest du nicht abblasen“, sagt Scheelen. „Und das wollte ich auch nie und nimmer tun.“Der Arzt stimmte zu und gab dem Regionalli­ga-Fußballer von Rot-Weiß Oberhausen sogar die Erlaubnis, sich „die Kante zu geben“. Heute denkt er gerne zurück an diesen trotz allem so unbeschwer­ten Tag, an dem nur der engste Kreis über seine Erkrankung eingeweiht war.

Doch direkt danach begann eine Leidenszei­t, die selbst ihn fast an seine Grenzen brachte. „Wir haben gleich zu Beginn die harte Chemo gemacht. Damit alles bereinigt werden kann, was böse ist“, erzählt Scheelen: „Leider ging auch vieles verloren, was gut ist.“Und dann zählt er auf: „Ich hatte kaum Kraft, mir die Zähne zu putzen. Ich hatte Haarausfal­l, Appetitlos­igkeit, ich war nur am Brechen. Drei Wochen konnte ich nichts machen. Gar nichts. Ich war ein Pflegefall.“

Damals habe es schon den ein oder anderen Tag gegeben, an dem er dachte: „Was soll die ganze Scheiße? Da hätte ich fast den Kopf in den Sand gesteckt.“Doch Scheelen hatte viel Unterstütz­ung, im Verein, im privaten Umfeld. Und er baute auf den Ratschlag von Benjamin Köhler. Der Ex-Profi von Union Berlin war 2015 an Krebs erkrankt. „Er hatte eins zu eins dasselbe, nur an einer anderen Stelle“, sagt Scheelen. Also kontaktier­te er den ihm bis dahin nicht bekannten Köhler. „Das war schon sehr hilfreich“, sagt er: „Vor allem, weil Benny nicht um den heißen Brei geredet hat. Er hat gesagt: ,Ich will dir keine Angst machen. Aber die Chemo wird dich komplett aus der Bahn werfen.’ Und so war es dann auch.“Heute gibt Scheelen seine Erfahrunge­n weiter an andere Kranke. So wie Köhler es bei ihm getan hat.

Angst, dass er nicht überleben wird, hatte der heute 31 Jahre alte Scheelen nie. Was er zwischenze­itlich aber schon aufgegeben hatte, war die Hoffnung, wieder Fußball spielen zu können. „Meine Mannschaft hat die Vorbereitu­ng absolviert und ich konnte nicht mal zum Kühlschran­k laufen und mir eine Flasche Wasser rausholen“, erzählt er. Doch die Strahlen-Therapie nach der Chemo verkraftet­e er gut und er tastete sich im Training langsam heran. Am 5. April dieses Jahres kam er erstmals in einem Heimspiel wieder rein – und schoss gegen Wuppertal prompt in der vierten Minute der Nachspielz­eit das wichtige Siegtor im Kampf um den Aufstieg. An dem Tag „habe ich mit den Fans gefeiert bis zum Geht-nicht-mehr. Ob er den größten Sieg seines Lebens schon gefeiert hat? Scheelen überlegt. „Wahrschein­lich ist das so, ja“, sagt er: „Aber man weiß ja nie, was im Leben noch kommt.“

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FOTO: DPA Alexander Scheelen.

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