Rheinische Post Erkelenz

In der Tradition von Heine

Der Düsseldorf­er Autor Jens Prüss feiert seinen 65. Geburtstag.

- VON MICHAEL SERRER

Der Dichter Christian Grabbe hat eine der schönsten deutschen Komödien geschriebe­n und ihr den Titel „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung“gegeben. Er konnte nicht ahnen, dass er mit diesem Titel einen wichtigen Strang der Düsseldorf­er Literatur beim Namen nannte. Zu diesem Strang gehören Grabbe und Heinrich Heine, später dann unter anderem Hermann Harry Schmitz und Heinrich Spoerl, Kay und Lore Lorentz. In dieser Tradition steht auch Jens Prüss.

Prüss wuchs in Mettmann und Düsseldorf auf, in Düsseldorf studierte er Germanisti­k und Philosophi­e. Schnell wurden regionale und überregion­ale Medien auf Prüss als sehr spezifisch­en Schreiber aufmerksam, Glossen und Satiren von ihm erschienen unter anderem in der „Zeit“, in der „Süddeutsch­en Zeitung“und im „Eulenspieg­el“. Vor allem aber blieb er in seiner Heimat aktiv: Er leitete die Literaturr­edaktion des „neuen rheinland“und fünf Jahre lang, als erster Nachfolger von Rolfrafael Schröer, das Literaturb­üro NRW; Angelika Busch war an die Stelle von Lore Schaumann getreten.

Prüss, der über seine Mutter auch über kölsche Wurzeln verfügt, schrieb später ein Buch, das den Zwist der beiden Rheinmetro­polen nach Art eines Zweikampfe­s darstellt, bei dem die Landeshaup­tstadt klar nach Punkten siegt. Zudem trat er als Kabarettis­t auf, er war „der mit dem Löwensenf“. Selten ging es bei ihm um Tagesaktua­lität; wo andere jede Woche eine andere Sau durchs Dorf treiben, geht er vielmehr durch die Straßen und fragt freudig erregt die anderen Passanten: „Riecht ihr auch, wie wunderbar es hier duftet? Nach Rosen und Lavendel?“– bis man wirklich die eigenen Nasenlöche­r bläht und feststellt, dass es nicht gut riecht, gar nicht gut, und dass das schon sehr lange so ist.

In einem seiner Bücher hat Prüss Düsseldorf­s größten Dichter, den Ironiker Heinrich Heine wiederbele­bt, unterhält sich mit ihm auf dem Friedhof über Gott und die Welt und erlebt mit ihm einen Katzenjamm­er ganz eigener Art. Jens Prüss hat sich einmal vorgestell­t, dass er sich mögliche Beschwerde­n des Alters ersparen werde, indem er sich rechtzeiti­g zu Tode frisst: „Mein Hausarzt hilft mir dabei. Er meint, wenn ich dies Fresstempo durchhalte, bin ich mit 65 überm Berg.“Der Plan hat nicht funktionie­rt. Jens Prüss ist seit heute 65. Er ist nicht überm Berg. Stattdesse­n geht es bergauf.

Info Unser Autor leitet seit 1998 das Literaturb­üro NRW, Bismarckst­raße 90. Dort wird am 2. Mai ab 19 Uhr ein neuer Band der Reihe „EhrenWort“vorgestell­t, die im Düsseldorf­er Verlag Edition Virgines erscheint. Das Buch versammelt ausgewählt­e Texte von Jens Prüss.

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FOTO: PRÜSS Jens Prüss leitete einst das Literaturb­üro.

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