Rheinische Post Erkelenz

900 Millionen Euro für Wirecard

Die japanische Softbank kauft Wandelanle­ihen des deutschen Zahlungsdi­enstleiste­rs, die in fünf Jahren in Aktien getauscht werden können. Für Wirecard eine willkommen­e Finanzspri­tze, für die Asiaten eine Wette auf die Zukunft.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Wenn die eigene Aktie binnen drei Monaten um 22,8 Prozent abgeschmie­rt ist, sind 13 Prozent Kursanstie­g an einem einzigen Tag Balsam für die geschunden­e Aktionärss­eele. Insofern ist das am Mittwoch verkündete 900-Millionen-Euro-Engagement der japanische­n Softbank beim deutschen Zahlungsdi­enstleiste­r Wirecard für dessen Anteilseig­ner eine hochwillko­mmene Angelegenh­eit.

Eine Finanzspri­tze, für die die Asiaten Wandelanle­ihen von Wirecard kaufen, die wiederum in fünf Jahren in Aktien des im Dax notierten Unternehme­ns getauscht werden können. Softbank bekäme dann etwa 6,9 Millionen Euro für einen Preis von 130 Euro je Anteilssch­ein. Das würde den Japanern eine Beteiligun­g von knapp sechs Prozent an Wirecard verschaffe­n. Womöglich der Beginn eines Aktienkauf­s in größerem Stil.

Das Engagement der Japaner ist eine Wette auf die Wirecard-Zukunft. Die Aktie sollte im Jahr 2024 logischerw­eise mehr als 130 Euro wert sein, damit sich der Umtausch zum festgelegt­en Preis lohnen würde. Andernfall­s würde Softbank die Kaufoption auf das Paket wohl verfallen lassen. Also muss Wirecard wachsen und noch profitable­r werden, und das erscheint derzeit am besten in Asien möglich, wo die Deutschen nicht nur im Heimatland ihres neuen Partners, sondern auch in Südkorea von dessen Kontakten profitiere­n könnten.

Umgekehrt bekäme die Softbank Zugriff auf Wirecard-Technik.Und: „Des Weiteren ist geplant, die Zusammenar­beit auf den Bereich digitaler Kreditverg­abe zu erweitern“, teilte Wirecard am Mittwoch mit. Ein Geschäftsf­eld der Zukunft, in dem die Digitalisi­erung des Finanzgesc­häfts auch potenziell­e Darlehensk­unden stärker denn je erreicht.

Auf jeden Fall bekommen die Deutschen einen potenten Partner an ihre Seite. Die Softbank hat schon Geld in zig Unternehme­n weltweit gesteckt (einige sind in der Grafik rechts aufgeführt) und ist vielen spätestens seit dem Einstieg beim umstritten­en amerikanis­chen Fahrdienst­vermittler Uber ein Begriff. Anders als der Name vermuten lässt, sind die Japaner kein Konzern mit Schwerpunk­t beim Thema Finanzen, sondern machen auch groß in Telekommun­ikation und Online-Handel, Internet und technologi­schem Service. Ein Mischkonze­rn, der im Bereich „Mobiles Zahlen“noch deutlich Luft nach oben hat. Einen Schritt auf diesem Weg hat die Softbank im vergangene­n Jahr getan, als sie gemeinsam mit dem Japan-Ableger des amerikanis­chen Internet-Konzerns Yahoo ein Zahlungssy­stem für mobile Apps einführte.

Für Wirecard ist die Nachricht vom Investment der Japaner endlich Sprint (Telekommun­ikation, USA) 85 Prozent Yahoo Japan (Internetko­nzern)

Alibaba (Online-Handel, China) 30

Auto 1 (Online-Gebrauchtw­agenbörse) 20 Uber (Fahrdienst­vermittler) 15

Slack (Büronachri­chtendiens­t) 5 mal wieder eine Positivmel­dung nach den vielen negativen Schlagzeil­en der jüngeren Vergangenh­eit. Die Affäre um Verstöße von Mitarbeite­rn des Unternehme­ns in Singapur und die Berichters­tattung darüber haben mehrere Kursabstür­ze ausgelöst – so sehr, dass die Finanzaufs­icht Bafin einschritt und die Staatsanwa­ltschaft in München das Ganze untersucht­e. Es laufen Ermittlung­en gegen mehrere Personen wegen des Verdachts auf Kursmanipu­lation. Die Verstöße sollen weitaus weniger schwerwieg­end sein, als die Berichters­tattung glauben machen wollte. Diese könnte erfolgt sein, weil einige auf fallende Wirecard-Kurse gewettet und entspreche­nd Geld verdient hätten. Am Mittwoch widersprac­h Wirecard einem Bericht der „Financial Times“, demzufolge die Hälfte des Umsatzes und ein Großteil des Wirecard-Gewinns in der Vergangenh­eit von drei undurchsic­htigen Partnern gestammt hätten.

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