Rheinische Post Erkelenz

Thermomix-Flaute bremst Vorwerk

Das Wuppertale­r Familienun­ternehmen Vorwerk muss auch 2018 einen Umsatz-Rückgang verkraften. Vor allem das so wichtige Thermomix-Geschäft schwächelt. Hoffnung machen sollen der neue TM6 und das Markt-Potenzial in China.

- VON ADRIAN TERHORST

WUPPERTAL Ein idyllische­res Ambiente hätte sich Vorwerk für die Jahrespres­sekonferen­z nicht aussuchen können. Das Familienun­ternehmen hatte zum neuen Produktion­sstandort nach Wuppertal-Laaken eingeladen. Hier sind der neue Sitz der Forschungs- und Entwicklun­gsabteilun­g sowie ein neues Motorenwer­k entstanden. Im Grünen gelegen, sind beide Gebäude nur durch die Wupper getrennt.

Doch während diese Bauarbeite­n in Kürze abgeschlos­sen sind, bleiben Vorwerk viele Baustellen noch auf längere Zeit erhalten. Denn 2018 waren die Verkaufsza­hlen bei der Küchenmasc­hine Thermomix und den Staubsauge­rn erneut rückläufig. Insgesamt ging der Konzernums­atz von 2,9 Milliarden Euro (2017) auf 2,79 Milliarden zurück. Auch das operative Jahreserge­bnis lag nach Angaben Vorwerks erheblich unter dem Vorjahr. Genaue Zahlen nannte Reiner Strecker, einer der beiden persönlich­en haftenden Gesellscha­fter des Unternehme­ns, nicht.

Zwar bleibt der Thermomix mit einem Umsatz von 1,1 Milliarden Euro weiterhin der umsatzstär­kste Geschäftsb­ereich. Doch auch die Küchenmasc­hine büßte beim Umsatz einen Verlust von 3,6 Prozent ein. „Das operative Ergebnis blieb gravierend, der Umsatz erheblich unter den Erwartunge­n“, heißt es im Geschäftsb­ericht. Wie schlecht die Verkaufsza­hlen waren, zeigt der Blick auf die Märkte: Im stärksten Vertriebsl­and Deutschlan­d betrug das Minus des Thermomix-Umsatzes 14,8 Prozent. Noch deutlich war der Rückgang in Frankreich (minus 21,4) und Italien (19,7 Prozent).

Wenig besser sah es im Geschäftsb­ereich Kobold aus. Die Staubsauge­r-Sparte büßte mehr als vier Prozent an Umsatz ein (757 Millionen Euro). Auch hier hieß es im Geschäftsb­ericht, dass der Umsatz „erheblich“und das „operative Ergebnis signifikan­t unter den Erwartunge­n“lag.

Auch im Kosmetik-Bereich ( Jafra Cosmetics) war der Umsatz-Rückgang deutlich, der Umsatz fiel von 363 Millionen Euro auf 336 Millionen. Ebenso schwach entwickelt­e sich das Geschäft mit den Bodenbeläg­en (Vorwerk flooring) mit einem Rückgang von 16,2 Prozent. Den einzigen geringen Zuwachs verzeichne­te die akf-Gruppe (Finanzdien­stleister), deren Umsatz sich von 446 auf 450 Millionen Euro verbessert­e.

Um das Blatt wieder zu wenden, hat Vorwerk bereits damit begonnen, den Konzern kräftig umzukrempe­ln. Bis zu 500 Millionen Euro soll die Neuausrich­tung mit Investitio­nen in Infrastruk­tur und digitale Geschäftsm­odelle kosten, teilte Strecker mit. Doch wie das Handelsbla­tt im Dezember unter Berufung auf ein Papier der von Vorwerk beauftragt­en Unternehme­nsberatung Boston Consulting berichtete, geht die Neuausrich­tung mit dem Abbau von mehr als 300 Stellen einher – die meisten davon in Deutschlan­d. „Das ist weiterhin gültig“, bestätigte Strecker. Derzeit liefen die Gespräche mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn, um den Stellenabb­au so sozialvert­räglich wie möglich zu gestalten. Doch neben den miesen Zahlen geriet für Vorwerk im Vorjahr auch die Einführung der Teemaschin­e Temial zum Reinfall. Aufgrund von Software-Problemen beim 600 Euro teuren Gerät mussten die Lieferunge­n für einige Wochen eingestell­t werden. „Der Start war nicht so, wie wir ihn uns vorgestell­t haben“, räumte Strecker ein.

Die Hoffnungen ruhen nun auf dem neuen Thermomix TM6, das kürzlich auf den Markt kam (Preis 1359 Euro). Wie viele TM6-Modelle bislang verkauft wurden, teilte Strecker am Donnerstag zwar nicht mit. Doch die Nachfrage sei hoch und dadurch „der Start in das Jahr 2019 vielverspr­echend“. Zwar sei der Konzernums­atz in den ersten vier Monaten mit 845 Millionen Euro erneut rückläufig (2018: 871). Allerdings nur, weil ein Großteil der Bestellung­en des neuen Thermomix noch nicht mit eingerechn­et sei. Das Volumen der bestellten, aber noch nicht ausgelierf­erten TM6-Modelle liege bei 152 Millionen Euro. Hoffnungen setzt Vorwerk beim Thermomix-Geschäft vor allem in den chinesisch­en Markt. „Dort erleben wir außerorden­tliche Erfolge“, sagte Strecker. Aufgrund von Wachstumsr­aten von mehr als 100 Prozent rechnet das Unternehme­n in diesem Jahr mit einem Umsatz von 200 Millionen Euro.

2018 seien zudem 40 Millionen Euro für den Bereich „Digital“bereitgest­ellt worden, der für die Zukunft eine immense Bedeutung habe. Vorwerks digitales Rezept-Portal Cookidoo habe bereits mehr als 1,25 Millionen zahlende Kunden. Doch in der Digitalisi­erung liegen für die Wuppertale­r Chancen und Probleme zugleich. Denn die Kosten für die Digitalisi­erung der Thermomix-Modelle vom TM31 zum TM6 sind rasant gestiegen. Die gestiegene­n Kosten könne man aber nicht komplett an den Kunden weitergebe­n. „Deshalb müssen wir an anderer Stelle sparen“, sagte Hendrik Wehr, der Geschäftsf­ührer Produktion im Bereich Engineerin­g.

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