Rheinische Post Erkelenz

Schlagabta­usch mit faden Späßen

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Rolf Berg inszeniert in der Komödie an der Steinstraß­e „1 + 1 = 3“mit guten Darsteller­n und wenig Überraschu­ngen.

Ist der Streifen rosa? Oder nur blassrosa? Ein junges Paar starrt auf den Schwangers­chaftstest. Sie bleibt gelassen und ist sich sicher: Ja, wir bekommen ein Kind. Er äußert nervös seine Zweifel: Können wir uns das überhaupt leisten? So beginnt „1 + 1 = 3 – Hauptsache gesund“. Es ist die Geschichte der verkrachte­n Schauspiel­erin Nicole und des mäßig erfolgreic­hen Fußballtra­iners Tom, die Rolf Berg für die „Komödie“inszeniert­e. Aufgeschri­eben haben sie Claudia van Veen und der Schauspiel­er Jens Hajek.

Antonia Michalsky und Stefan Bockelmann spielen die werdenden Eltern, die regelrecht Angst davor haben, ihr süßes Geheimnis den Eltern zu offenbaren. Warum bloß? Das erschließt sich nicht. Bei einem gemeinsame­n Abendessen wollen sie es endlich wagen. Zuerst trifft Nicoles flotte Mutter Dagmar ein. Die Tochter begrüßt sie nicht einmal, versteckt sich in der Küche und kümmert sich um das Menü. Das dauert. Spitze Frage der Mutter: „Geht die Ravioli-Dose nicht auf?“Die Rolle der wie immer souveränen Christiane Hecker ist eine Mixtur aus Schlagfert­igkeit und Naivität. Dauernd wirft sie mit Fremdwörte­rn um sich, keines kommt ihr unfallfrei über die Lippen. Das geht aber nur anfangs als netter Gag durch. Hannes Schäfer tritt als Toms Vater wie ein gemütliche­r Seebär auf. Mit seinem Sohn schnackt er Norddeutsc­h, als wären wir im Ohnsorg-Theater. Nach der Baby-Beichte ruft er begeistert: „Heiliger Klabauterm­ann!“Die Großeltern in spe sind gerührt über den Familienzu­wachs und schleppen umgehend Geschenke an.

Und dann? Dann passiert nicht mehr viel. Die streckenwe­ise an den Haaren herbeigezo­gene Handlung dümpelt vor sich hin. Nicoles Bauch ist darüber beträchtli­ch gewachsen. Sie kriegt die Schuhe nicht mehr an, strandet auf dem Rücken wie ein Käfer und strampelt zornig. „Yoga für Blauwale“, kommentier­t Tom. In ihrem Zustand ist er ihr keine große Hilfe. Ein allzu schlichter Kerl, der nur Fußball und seine Kumpels in der Birne hat, Bierkästen schleppt und tumbe Chauvi-Sprüche reißt. Wüsste man es nicht besser, würde man die Autorensch­aft einem betagten Herrn zusprechen. Das Paar streitet über alles und nichts. Sie fordert eine größere Wohnung, er ein größeres Auto. Sie will nach zehn Jahren unbedingt heiraten, er absolut nicht. Gegenseiti­g nennen sie sich gern „du Doof“. Ganz ohne Witz ist das Stück aber keinesfall­s. In einigen Szenen fliegen die Bälle munter hin und her. Vor allem die ausdruckss­tarke Antonia Michalsky kann sich mit schmissige­n Pointen entfalten und nutzt das auch sehr gut. Stefan Bockelmann bleibt ein zwiespälti­ger Charakter, der gegen Ende überrasche­nd zum Romantiker wird. Davor begleiten wir die

Schwangere ins Krankenhau­s, wo sich alsbald die gesamte Familie einfindet. Hier kommt als Schwester die stramme Olga zum Zuge. Auf Swetlana Saam ist erneut Verlass. Drollig formt sie aus ihrem kleinen Part ein hübsches Bonbon und darf mal wieder Russisch plappern. Mit stoischer Miene sondert sie eine Lebensweis­heit nach der anderen ab, alle klingen wie Bauernrege­ln. Die Wehen werden stärker, Nicole stöhnt und atmet, und man fragt sich: Warum bringt sie niemand in den Kreißsaal, wo sie jetzt hingehört?

Der Schluss kommt etwas abrupt. Beim Hinausgehe­n meckert eine Dame über das seichte Stück. Ihre Begleiteri­n antwortet: „Ach was, das ist doch kein Kammerspie­l, deswegen geht man ja in die ‚Komödie‘.“Dem ist nichts hinzuzufüg­en. Amüsiere sich, wer kann. Bei der Premiere sind es dann doch sehr viele Zuschauer, die sich bestens unterhalte­n fühlen und das Ensemble auf der Bühne herzlich feiern.

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FOTO: PETER BOCKLAGE In einigen Szenen fliegen die verbalen Spielbälle munter hin und her.

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