Mueller belastet Trump abermals
Der Ex-Sonderermittler stellte sich erstmals live den Fragen des US-Kongresses.
WASHINGTON Robert Mueller wird als der letzte Preuße im Washington Donald Trumps charakterisiert: ein Staatsdiener, der unbeirrt seine Pflicht erfüllt, eisern diszipliniert und dabei notorisch öffentlichkeitsscheu. Ein einziges Mal hat sich der Sonderermittler der Russlandakte den Medien gestellt, um nach 22 Monaten Aufklärungsarbeit ein Fazit zu ziehen. Nun aber sitzt er im Rayburn Office Building des Repräsentantenhauses, Saal 2141, und weiß, dass die Abgeordneten drei Stunden lang nichts anderes tun werden, als ihm Fragen zu stellen. Bevor als Nächstes der Geheimdienstausschuss an der Reihe ist, um ihn zwei Stunden lang zu befragen.
Mueller wirkt nervös, bisweilen verhaspelt er sich, bisweilen bittet er darum, eine Frage zu wiederholen, weil er sie nicht auf Anhieb verstanden hat. Als er zu Beginn ein vorbereitetes Statement verliest, wird er allerdings deutlicher, als manche es erwartet hatten. Russland habe sich 2016 in „eklatanter und systematischer“Weise in den amerikanischen Wahlkampf eingemischt, betont der ehemalige FBI-Direktor. Im Laufe seiner Karriere habe er schon manche „Herausforderung“für die amerikanische Demokratie erlebt. „Der Versuch der russischen Regierung, unsere Wahl zu beeinflussen, gehört zu den gefährlichsten.“
Der Justizausschuss der Kammer hat den 74-Jährigen als Privatbürger vorgeladen, um ihn ins Kreuzverhör zu nehmen. Er könne frei von der Leber weg reden, er arbeite ja nicht mehr für die Regierung, die ihn eingesetzt habe, gibt ihm Jerrold Nadler, der Vorsitzende des Komitees, mit auf den Weg. Er möge einfach ignorieren, wozu ihn das Justizministerium aufgefordert habe. Von dort war der schriftliche Hinweis gekommen, Mueller möge sich strikt an das halten, was schon in seinem Untersuchungsbericht stehe, einem im April mit etlichen geschwärzten Stellen freigegebenen Papier.
Mueller soll vor laufenden Kameras wiederholen, was er bereits niedergeschrieben hat. In einem 448 Seiten dicken Report, den nicht einmal Experten in voller Länge gelesen haben, geschweige denn der Normalverbraucher. Hört es die Wählerschaft aus seinem Munde, so das Kalkül, ist es wirksamer. „Haben Sie den Präsidenten vollständig entlastet?“, fragt Nadler. „Nein“, antwortet Mueller. Richtig sei, dass sein Bericht den Präsidenten nicht freispreche von dem Verdacht, die Justiz behindert zu haben. Ob es stimme, dass sich Trump hartnäckig geweigert habe, sich mit Mueller zu treffen, obwohl dieser sich ein Jahr lang darum bemüht habe, will der Ausschussvorsitzende als Nächstes wissen. Mueller bestätigt es, und er bestätigt auch, dass ein solches Gespräch wichtig gewesen wäre, um offene Fragen zu klären.
Immer wieder erinnern die Demokraten an ein Kapitel, das aus ihrer Sicht am klarsten beweist, dass Trump den Ermittlern Steine in den Weg legte, als diese dem Verdacht nachgingen, sein Wahlkampfteam könnte geheime Absprachen mit russischen Regierungskreisen getroffen haben. Nachdem Trump den damaligen FBI-Chef James Comey gefeuert hatte, drängte er Donald McGahn, den obersten Rechtsberater des Weißen Hauses, Mueller abzusetzen. Später sollte McGahn verneinen, dass es einen solchen Befehl jemals gab. Jeder andere, fasst Nadler das Kapitel zusammen, würde vor Gericht stehen, hätte er getan, was Trump getan habe. Den aber schütze eine Richtlinie, nach der ein Präsident nicht angeklagt werden dürfe, solange er sein Amt ausübe. Ob sich das ändere, wenn Donald Trump erst wieder eine Privatperson sei, hakt der Abgeordnete nach. „Richtig“, antwortet Mueller.