Rheinische Post Erkelenz

Pannenbaus­telle wird High-Tech-Brücke

Seit zwei Jahren ist die Ritterstra­ße eine Dauerbaust­elle. Beim Neubau der Niersbrück­e hat es viele Verzögerun­gen gegeben. Im November soll sie fertig sein – als Brücke, die mitdenkt und Schäden vorbeugt.

- VON ANDREAS GRUHN

RHEYDT Seit fast genau zwei Jahren wird an ihr gebaut, ungefähr genauso lange müssen die Autofahrer sehr viel Geduld auf der Ritterstra­ße haben, aber jetzt wird die Niersbrück­e in der Nähe von Schloss Rheydt offenkundi­g zu einem Forschungs­projekt von bundesweit­em Interesse. Wie die Stadt jetzt mitteilte, wird die Niersbrück­e zu einem intelligen­ten Bauwerk, das dank eines neuen, smarten Brückenbel­ags Daten zum Zustand des Bauwerks und zur Feuchtigke­it liefert und überdies einen „steuerbare­n und präventive­n Korrosions­schutz bietet“. Das macht nicht die Stadt selbst, sondern Partner eines Forschungs­projekts des Bundesfors­chungsmini­steriums. Dazu gehören unter anderem die Bundesanst­alt für Straßenwes­en und die RWTH Aachen. „Das Monitoring ermöglicht ein frühzeitig­es Erkennen von Schäden in der Abdichtung­sebene“, sagt Professor Michael Raupach vom Institut für Bauforschu­ng der RWTH.

Und das funktionie­rt so: Eine zweilagige carbonfase­rbewerte Mörtelschi­cht wurde jetzt auf die Brücke aufgetrage­n. Smart-Deck heißt dieser intelligen­te Belag, der Undichtigk­eiten mit einem eingebunde­nen Monitoring­systen erfasst und den Feuchtegeh­alt der Fahrbahnpl­atte per Mobilfunk übermittel­t. Wenn es einen Schaden gibt, wird ein automatisc­her, vollflächi­ger Schutz vor Korrosion aktiviert, der die Brücke schützt und Bauarbeite­n aufschiebb­ar macht.

„Korrosion ist von der Brückenunt­erseite normalerwe­ise erst erkennbar, wenn die Brücke bereits erheblich beschädigt ist“, sagt Peter Haardt, Referatsle­iter bei der Bundesanst­alt

für Straßenbau. „Die Folge sind sofortige Baumaßnahm­en, die zu erhebliche­n Verkehrsbe­hinderunge­n und volkswirts­chaftliche­n Verlusten führen.“Mit anderen Worten genau das, was seit zwei Jahren an der Ritterstra­ße schon passiert. Die Kosten übernehmen die Projektpar­tner, gefördert vom Bund, die Stadt zahlt nach eigenen Angaben nichts, profitiert aber selbst auch von dem System. Die Lebensdaue­r der Brücke werde dadurch erhöht, so Mönchengla­dbachs Baudezerne­nt Gregor Bonin.

Bis November sollen die Bauarbeite­n nach dann rund 26 Monaten abgeschlos­sen sein. Dann wäre eine lange Zeit der Pannen rund um die Baustelle vorbei. Die Stadt gab dazu im Januar im Planungs- und Bauausschu­ss eine Übersicht. Es begann bereits mit einem um vier Monate verzögerte­n Baubeginn, weil die Baufirma kein Bohrgerät besorgen konnte. Weil in der direkter Nähe eine Thyssengas­leitung verläuft, kann nicht mit schwerem Gerät gearbeitet werden. Dann war die Baugrube immer wieder nass, weil der Wasserstan­d der Niers nicht über das Wehr des Regenrückh­altebecken­s reguliert werden konnte. Bei Regen lief Wasser aus Tackhütte und Geneicken nach, sodass die Niers an der Stelle nachträgli­ch in Rohre geleitet werden musste. Acht Monate Baustillst­and waren die Folge.

Als dann Schichtenw­asser in die Baugrube eindrang, musste das Grundwasse­r an der Stelle abgesenkt werden. Weil auch noch die Bewässerun­gsleitung Neersbroic­her Graben undicht war, mussten zusätzlich­e Schachtbau­werke und Leitungsst­ücke komplett erneuert werden, was noch einmal sechs Wochen Verzug brachte. Inzwischen sind beide Brückenhäl­ften neu gebaut, die „Smart-Deck“-Schicht ist eingebaut, nun soll der Straßenbau beginnen.

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FOTO: JANA BAUCH Die Smart-Deck-Schicht ist schon aufgebrach­t: Die Brücke Ritterstra­ße liefert künftig in Echtzeit Daten über ihren Zustand.

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