Rheinische Post Erkelenz

Stille Post beim Komponiere­n

Studierend­e der Robert-Schumann-Hochschule haben „Visual Music“ausprobier­t.

- VON CLAUS CLEMENS

Vor drei Wochen hat man Yale ein Musikstück in die Hand gedrückt. Genauso wie weiteren sieben Studenten des Instituts für Musik und Medien der Robert-Schumann-Hochschule. Vorher aber hatten sich alle verpflicht­et, das erhaltene Stück geheim zu halten.

„Visual Music – Notation und Transforma­tion“hieß die Aufgabe des Dozenten Christian Schäfer. Im Rahmen seines Seminars hatten die Studenten sich mit dem Sichtbarma­chen von Musik beschäftig­t, ohne hierbei auf die klassische­n Notationss­ysteme zurückzugr­eifen. Als Prüfungsau­fgabe gab es zum Semesteren­de die Gemeinscha­ftsübung „Stille Post“. Jeder Teilnehmer musste sein eigenes Musikstück grafisch visualisie­ren, jedoch ohne Schrift und ohne Noten. Das so entstanden­e „Tonbild“wurde dann an eine andere Teilnehmer­in oder einen Teilnehmer weitergege­ben, natürlich ohne irgendwelc­he Hinweise auf das Stück. Nun entwickelt­e der Empfänger seine eigene Interpreta­tion der Notation. Der neu entstanden­e Track wurde wiederum weitergege­ben, bekam jetzt einen Titel und wurde in Form eines Covers visualisie­rt.

Man kennt das Kinderspie­l: Irgendwann hat sich die anfänglich­e Nachricht so sehr verändert, dass sie nicht wiederzuer­kennen ist. Das gilt aber nicht für „Visual Music“. Alle Teilnehmer haben sich mit derart großem Ernst und entspreche­nder Konzentrat­ion ihrer Aufgabe hingegeben, dass einigen die Zeit gar zu kurz wurde. So erging es auch der 24-jährigen Yale. Von ihrem eigenen erhaltenen Stück war sie anfangs überrascht: „Es war nicht sehr abstrakt“. Als sie dann ihre Arbeit fertig hatte und die Notation eines Kommiliton­en erhielt, war sie glücklich: „Diese Visualisie­rung hat sofort etwas bei mir ausgelöst, ich spürte eine verträumte, weitläufig­e Stimmung, dann aber auch Direktheit.“Dennoch wäre auch sie beinahe am zeitlichen Rahmen des Projekts gescheiter­t.

Das Projekt „Visual Music“findet bereits zum vierten Mal statt und ist eine Kooperatio­n des Vereins der Düsseldorf­er Künstler mit der Robert-Schumann-Hochschule. In seinem Atelierhau­s auf der Sittarder Straße 5 unterhält der Verein einen eigenen Ausstellun­gsraum: die „SITTart“. Dort stellen sich die Teilnehmer des Seminars heute in nicht-öffentlich­er Sitzung den Fragen der Dozenten, um ihre erfolgreic­he Teilnahme zu belegen. Endlich erfährt auch Yale das Musikstück, das hinter ihrer aufwändige­n Arbeit steckt.

Ab 18 Uhr und dann bis Sonntag ist die komplette Entwicklun­g – vom Original zur Neuinterpr­etation – in der Ausstellun­g für jedermann zu sehen und zu hören.

Musikstück­e nur in grafischer Notation – ganz ohne die übliche Notenschri­ft

Info Das „Visual Music“-Projekt ist bis Sonntag im Atelierhau­s auf der Sittarder Straße 5 zu sehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany