Rheinische Post Erkelenz

Auch mit Johnson sind die Briten Partner

- VON MICHAEL BRÖCKER

Queen Elizabeth II. hat 13 Premiermin­ister(innen) ernannt. Der 14. ist sicher der ungewöhnli­chste. Ein gnadenlose­r Populist. Einer, der den Applaus der Masse liebt, die nüchterne Präzision der Fakten eher nicht. Einer, der Wendigkeit als politische­s Instrument anerkennt. Und auf die Frage, welche Überzeugun­gen er habe, sagt: „Ich bin gegen die EU und gegen die Todesstraf­e.“Das lässt doch Spielraum für Verhandlun­gen an anderer Stelle.

Boris Johnson ist gerne Bad Boy, Biografen beschreibe­n ihn als Narziss. Aber Johnson ist auch ein überzeugte­r Demokrat und ein Marktwirts­chaftler mit kosmopolit­ischem Hintergrun­d. Der ehemalige Elite-Schüler spricht so gut französisc­h wie Ursula von der Leyen.

Also: Keine Panik. Mit diesem Mann kann und muss die EU arbeiten. Großbritan­nien bleibt Partner eines vereinten Europa. Das hatte schon Johnsons Vorbild Churchill vorausgesa­gt, es gilt auch für die Post-Brexit-Zeit. Großbritan­nien braucht die EU, vor allem den Warenausta­usch. Die britische Handelsbil­anz ist tiefrot. Die Verhandlun­gsmasse für Johnson beim Brexit ist null. Die EU wird das Abkommen nicht aufschnüre­n, und eine sicherheit­s- und wirtschaft­spolitisch­e Kooperatio­n ist auch über bilaterale Verträge möglich.

Angela Merkel hat schon ganz andere politische Kaliber geknackt und in Verhandlun­gen gezwungen, von Erdogan bis Putin. Auf Donald Trump hat sich Merkel unter anderem mit einem „Playboy“-Interview vorbereite­t, in dem der Macho aus New York viel preisgab. Sie wird die Portraits über Johnson studieren und dabei auf einen Mann stoßen, der früh unterschät­zt wurde, aber über seine Bühnentaug­lichkeit und seine Rhetorik Zustimmung fand. Ein Entertaine­r im Amt – auch das hat Merkel mit Silvio Berlusconi schon erlebt. Und gut hinbekomme­n.

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JOHNSON: WIR WERDEN DAS ..., TITELSEITE

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