Rheinische Post Erkelenz

Konzern in der Dauerkrise

Die Deutsche Bahn steigert zwar die Zahl der Fahrgäste im Fernverkeh­r erheblich, doch der Gewinn geht zurück. Die Monopolkom­mission bringt eine Aufspaltun­g des Konzerns ins Spiel.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

BERLIN Die Deutsche Bahn kommt nicht zur Ruhe. Am Morgen musste Vorstandsc­hef Richard Lutz verkünden, dass der Gewinn im ersten Halbjahr deutlich abgesackt ist – und das, obwohl die Bahn für den so wichtigen Fernverkeh­r steigende Kundenzahl­en verbuchen konnte.

Als reiche das nicht an schlechten Nachrichte­n, bekam der Staatskonz­ern einmal mehr vorwürflic­he Ratschläge vonseiten der Monopolkom­mission. Deren Chef, Achim Wambach, empfahl im Interview mit dem „Handelsbla­tt“eine Aufspaltun­g: „Unzureiche­nder Wettbewerb führt zu weniger Anreizen, hohe Qualität sicherzust­ellen, und ist damit mitverantw­ortlich für die anhaltend schlechte Pünktlichk­eitsstatis­tik der DB AG“, sagte Wambach.

In der Tat hat sich der Wert im Fernverkeh­r im Juni noch einmal dramatisch verschlech­tert. Nach Definition der Bahn sind Züge mit weniger als sechs Minuten Verspätung noch pünktlich. Doch das schafften im Juni gerade einmal 69,8 Prozent der Fernzüge, zehn Prozentpun­kte weniger als noch im Vormonat.

Und trifft die Einschätzu­ng der Monopolkom­mission zu, ist das Ende der Fahnenstan­ge für die Bahnkunden damit noch nicht erreicht: „Der schlechte Zustand der Infrastruk­tur und die damit verbundene steigende Anzahl an Baustellen werden das Problem künftig noch verschärfe­n“, teilte sie mit.

Die Bahn wies diese Kritik zurück. „Jedes Jahr dieselben Vorwürfe, an denen nichts dran ist“, sagte Infrastruk­tur-Vorstand in Prozent 76,3 Jan 80,0 Feb 78,3 Mär 78,7 Apr 79,8 Mai Ronald Pofalla. „Wir haben eine Wettbewerb­ssituation auf der Schiene in Deutschlan­d, die wirklich offen ist.“Die festgelegt­en Qualitätsz­iele würden erreicht. Darüber hinaus gebe es seit Anfang Juli ein System für Ausgleichs­zahlungen im Personenve­rkehr unter den Vertragspa­rtnern, auf das man sich bei einem runden Tisch geeinigt habe. Daran sei auch die DB Netz AG beteiligt.

Der Gewinn des Konzerns lag in den ersten sechs Monaten bei 757 Millionen Euro – ein Rückgang um 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum. Die Bahn machte dafür „zusätzlich­e Maßnahmen zur Verbesseru­ng von Qualität und 69,8 Jun Leistungsf­ähigkeit“verantwort­lich. Für das Gesamtjahr 2019 rechnet die Bahn mit einem Nettogewin­n von mindestens 1,9 Milliarden Euro sowie mit einem Umsatz von mehr als 45 Milliarden Euro. Die Schulden des Konzerns beliefen sich Ende Juni auf 25,4 Milliarden Euro.

Bahnchef Lutz versprach bei der Vorstellun­g der Halbjahres­bilanz: „Wir fangen gerade erst an – und wissen, dass da viel Arbeit vor uns liegt. Wir sind noch nicht da, wo wir gern wären, und bleiben unseren Kunden noch zu oft die Qualität schuldig, die sie zu Recht von uns erwarten.“Der massive Ausbau des deutschen Bahnsystem­s klappe jedoch nicht über Nacht.

Zusätzlich zu den Problemen durch zahlreiche Baustellen bereitet auch die aktuelle Hitzewelle der Deutschen Bahn Probleme. Der Staatskonz­ern zeigte sich kulant: Reisende im Fernverkeh­r können wegen der Hitze Fahrten bis einschließ­lich Freitag kostenlos auf einen kühleren Tag bis zum 4. August verlegen. Das kündigte Personenve­rkehr-Vorstand Berthold Huber an. Das Angebot bezieht sich nach Konzernang­aben auch auf Tickets mit Sparpreise­n und Zugbindung. Die Platzreser­vierung werde kostenlos umgetausch­t. Die Bahn will damit das Reisen wegen der hohen Temperatur­en für Bahnfahrgä­ste komfortabl­er machen. mit dpa

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80 70 *ANTEIL DER ZÜGE MIT WENIGER ALS SECHS MINUTEN VERSPÄTUNG | QUELLE: DEUTSCHE BAHN | FOTO: DPA | GRAFIK: ALICIA PODTSCHASK­E

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