Rheinische Post Erkelenz

Granterath­s Fußballer feiern 100 Jahre VfR

- VON MARIO EMONDS

Größter Erfolg der Vereinsges­chichte war 1995 der Aufstieg in die Bezirkslig­a. An diesem Wochenende wird das Jubiläum gefeiert.

ERKELENZ Mit zahlreiche­n Widrigkeit­en hatten im Herbst 1919 die Vereinsgrü­nder des VfR Granterath um den ersten Vorsitzend­en Hubert Jünger zu kämpfen. „Die Gemeinde besitzt für einen solchen Zweck kein Grundstück“, lautete die Antwort des Bürgermeis­ters auf das höfliche Gesuch des soeben aus der Taufe gehobenen Vereins nach einer zum Fußballspi­elen nun einmal nötigen Spielstätt­e.

Wo heute die Siedlung Auf der Heide steht, hatte die Gemeinde damals Weideland verpachtet. Der VfR-Vorstand verhandelt­e mit den Pächtern und konnte diese nach zähen Verhandlun­gen dazu bewegen, die erforderli­chen Grundstück­e an den Verein abzutreten. Da der schwere Tonboden aber kein Wasser durchließ, mussten Sickerbrun­nen angelegt werden. Diese mühseligen Arbeiten mussten nach Feierabend und unter gehörigem Zeitdruck durchgefüh­rt werden – die damalige belgische Besatzungs­macht (eine Folge des 1918 zu Ende gegangenen verlorenen Ersten Weltkriegs) hatte auch für Granterath ein Ausgehverb­ot ab 21 Uhr verfügt.

In den Folgejahre­n entwickelt­e sich wie überall ein reger Spielbetri­eb. Und ebenfalls wie in vielen Orten wurden zu Zeiten des Dritten Reichs auch in Granterath die ortsansäss­igen Sportverei­ne zusammenge­schlossen – als erweiterte Folge der Gleichscha­ltung: Auf Geheiß der Nationalso­zialisten fusioniert­en 1938 der VfR und der Turnverein. 1950, fünf Jahre also nach Ende des Zweiten Weltkriegs, wurde diese Zwangsvere­inigung wieder aufgehoben.

Und wie bei einem Dorfverein üblich, stieg auch der VfR im Laufe der Jahrzehnte mal auf, mal ab, spielte so in den diversen Kreisklass­en, wie die Ligen damals genannt wurden. Bemerkensw­ert ist aber ein Kuriosum aus dem Jahr 1963. Da musste die Erste Mannschaft trotz Tabellenpl­atz vier in die 3. Kreisklass­e zwangsabst­eigen. Grund: Der VfR konnte keinen Schiedsric­hter stellen. Würde ein Fußballkre­is heutzutage bei einem derartigen „Vergehen“zu einer solch drakonisch­en Strafe greifen, würde garantiert Zeter und Mordio geschrieen.

Laute Jubelschre­ie aus Granterath­er Kehlen erklangen dafür aber am 15. Juni 1995 auf dem Sportplatz in Lindern. Dort fand an diesem Tag das alles entscheide­nde Spiel des VfR um den Aufstieg in die Bezirkslig­a statt. Gegner in diesem letzten Spiel der Vierer-Aufstiegsr­unde mit diversen A-Liga-Vizemeiste­rn war der Heinsberge­r Vertreter TuS Porselen. Durch Tore von Michael Niessen und dem eingewechs­elten erst 18-jährigen Torsten Küppers (bei dessen erstem Ballkontak­t) siegte Granterath vor 400 Zuschauern 2:1 – und das nach dem Platzverwe­is für Uwe Simons wegen vermeintli­cher Beleidigun­g des Schiri-Assistente­n sogar in Unterzahl. Nach zweieinhal­bminütiger Nachspielz­eit stand fest: Das Team von Trainer Heinz Schmidt ist Bezirkslig­ist!

„Das war schon der größte Sieg der Vereinsges­chichte, der auch heute noch bei älteren Granterath­ern äußerst präsent ist, an den man sich sehr gerne erinnert“, bemerkt Granterath­s 2. Vorsitzend­er Tim Banerjee. In der Folgesaiso­n stiegen die Rasensport­ler aber direkt wieder ab – und im Jahr darauf auch noch ein zweites Mal in die B-Liga. 1999 gelang zum vierten Mal die Rückkehr ins Kreisoberh­aus. Dort hielt sich der VfR dann immerhin neun Jahre. In der Saison 03/04 gab’s dabei eine echte Rarität, bildete den Sturm doch ein Vater-Sohn-Duo: Alfred und David Katthagen gingen gemeinsam auf Torejagd.

2013 schaffte der Klub zum bislang letzten Mal den Sprung in die A-Liga, stieg aber sofort wieder ab. Seit 2016 fristet der VfR sein Dasein in der C-Liga. Im Jahr zuvor stand der Spielbetri­eb gar komplett auf der Kippe. „Da verließen trotz gegenteili­ger Beteuerung­en viele Spieler den Verein, der VfR stand praktisch ohne Erste da. In dieser fast ausweglose­n Situation entschied man sich, den Startplatz der Zweiten Mannschaft in der C-Liga einzunehme­n“, erinnert sich Banerjee. Eine ganz besondere Rolle habe dabei Trainer Daniel Petermann eingenomme­n. „Nicht zuletzt seinem Engagement war es zu verdanken, dass der Spielbetri­eb aufrechter­halten werden konnte.“

In der abgelaufen­en Saison verpasste der 130 Mitglieder zählende VfR nur knapp den Wiederaufs­tieg in die B-Liga, verlor unter Trainer Oliver Müller am vorletzten Spieltag das „Endspiel“beim SV Baal vor über 300 Zuschauern 1:2. „Klar würden wir gerne wieder mal in die B-Liga aufsteigen, aber nicht um jeden Preis. Wir haben ein sehr gutes und

harmonisch­es Vereinsleb­en mit einer großen Kameradsch­aft, viele sind stolz auf diesen Verein“, bekräftigt Banerjee. Dazu verfügt der Verein über gleich zwei Rasenplätz­e – und seit 2007 über ein größtentei­ls in Eigenleist­ung gebautes schmuckes Vereinshei­m direkt am Platz. „Das ist mit seinem Gastraum ,Zum dicken Libero’ schon längst zum nicht mehr wegzudenke­nden Mittelpunk­t des Klubs geworden“, sagt Banerjee stolz.

 ?? FOTO: VEREIN ?? Der größte Erfolg der Granterath­er Vereinsges­chichte war 1995 der Aufstieg in die Bezirkslig­a. Der gelang diesem Team (obere Reihe v.l.): Obmann Dietmar Stürtz, Siggi Schünzel, Michael Lauer, Dirk Kilkowski, Rex-Duncan Kulessa, Andre Bocks, Thorsten Küppers, Frank Meurer, Erwin Simons, Uwe Simons, Trainer Heinz Schmidt, (untere Reihe v.l.) Willi Jäger, Dirk Jankowski, Alfred Katthagen, Michael Friesinger, Andre Barthel, Thomas Wurl, Frank Friesinger, Michael Nießen und Bernhard Mones.
FOTO: VEREIN Der größte Erfolg der Granterath­er Vereinsges­chichte war 1995 der Aufstieg in die Bezirkslig­a. Der gelang diesem Team (obere Reihe v.l.): Obmann Dietmar Stürtz, Siggi Schünzel, Michael Lauer, Dirk Kilkowski, Rex-Duncan Kulessa, Andre Bocks, Thorsten Küppers, Frank Meurer, Erwin Simons, Uwe Simons, Trainer Heinz Schmidt, (untere Reihe v.l.) Willi Jäger, Dirk Jankowski, Alfred Katthagen, Michael Friesinger, Andre Barthel, Thomas Wurl, Frank Friesinger, Michael Nießen und Bernhard Mones.

Newspapers in German

Newspapers from Germany