Rheinische Post Erkelenz

Rathaus macht Druck bei „Sven“-Verkauf

- VON ANDREAS GRUHN

OB Reiners wünscht sich die Rückabwick­lung der NEW-Beteiligun­g bis zur nächsten Ratssitzun­g. Grüne, FDP und Linke drohen mit Organklage.

MÖNCHENGLA­DBACH Der politische Streit um die Beteiligun­g der NEW AG an der Entwicklun­g des Elektroaut­os „Sven“zieht weitere Kreise. Die Ratsfrakti­onen der FDP, der Grünen und der Linken verlangen von der Stadt eine Einsicht in die Akten, ohne dass Korrespond­enz zwischen Verwaltung und der NEW im Bezug auf die ominöse Aufsichtsr­atssitzung vom 7. Juni 2018 vorher entfernt wird. Dies hatte das Rathaus mit Verweis auf Geheimhalt­ungspflich­ten bei Aufsichtsr­atssitzung­en eingeschrä­nkt. „Diese Bewertung ist inakzeptab­el für uns“, sagt Linken-Fraktionsc­hef Torben Schultz. Wie die drei Opposition­sfraktione­n am Donnerstag mitteilten, haben sie eine Rechtsanwa­ltskanzlei damit beauftragt, ihre Interessen zu vertreten und falls nötig eine Organklage beim Verwaltung­sgericht Düsseldorf zu erheben. Derzeit gewährt die Verwaltung je einem Ratsmitgli­ed aus jeder Fraktion Akteneinsi­cht.

Schultz, Nicole Finger (FDP) und Karl Sasserath (Grüne) riefen derweil die Aufsichtsr­atsmitglie­der der NEW AG dazu auf, „in Absprache mit den Gesellscha­ftern freiwillig Einblick in die Abläufe zur Beteiligun­g der NEW AG an der Share2driv­e GmbH zu geben“. Nicole Finger sagte: „Wenn weiter gemauert wird, dann nagt das deutlich am Vertrauen.“Die Opposition­sfraktione­n wollen wissen, wie in der fraglichen Aufsichtsr­atssitzung der Passus aus dem Beschluss entfernt wurde, dass die Entscheidu­ng zum Kauf der 2,5 Millionen Euro schweren Beteiligun­g unter dem Zustimmung­svorbehalt des Rates steht und zudem auch erst die Bezirksreg­ierung involviert werden muss. Dieser Vorbehalt fehlte im Beschluss. So passierte beides erst dann, als der Deal längst vollzogen war. Die Bezirksreg­ierung drängte daraufhin darauf, die Beteiligun­g rückabzuwi­ckeln, was NEW-Vorstand Frank Kindervatt­er und Aufsichtsr­atschef Hans Peter Schlegelmi­lch Ende Juni dann auch ankündigte­n.

Oberbürger­meister Hans Wilhelm Reiners erneuerte diese Forderung am Donnerstag: „Es gibt überhaupt keine Alternativ­e dazu, als die Beteiligun­g an der Share2Driv­e GmbH schnellstm­öglich rückabzuwi­ckeln und das der Bezirksreg­ierung anzuzeigen.“Die Verwaltung haben dazu einen Zwischenbe­richt bis Mitte August erbeten. „Es wäre sehr erstrebens­wert, wenn wir im nächsten Ratszug den Vollzug der Rückabwick­lung verkünden könnten“, sagte Reiners. Die NEW muss dazu einen Käufer finden, der die Anteile übernimmt.

Unterdesse­n erneuerten die Opposition­sfraktione­n ihre Einschätzu­ng, es habe sich um ein „widerrecht­liches Engagement der NEW bei der Share2driv­e GmbH“gehandelt. „Die Beteiligun­g verstößt gegen geltendes Recht – das führt die Bezirksreg­ierung wörtlich aus. Für politische Konsequenz­en ist es jetzt notwendig, hier den oder die verantwort­lichen Personen auszumache­n“, sagte Nicole Finger.

Der NEW-Aufsichtsr­atschef Hans Peter Schlegelmi­lch, der auch CDU-Fraktionsv­orsitzende­r im Rat ist, hatte diesen Vorwurf bereits in einem offenen Brief entschiede­n zurückgewi­esen. OB Hans Wilhelm Reiners schloss sich am Donnerstag der Einschätzu­ng des CDU-Fraktionsc­hefs auf Anfrage unserer Redaktion nicht an: „Es liegt aus meiner Sicht schon ein Verstoß gegen Paragraf 108 der Gemeindeor­dnung vor, der den Ratsbeschl­uss vor Beurkundun­g einer Beteiligun­g vorschreib­t.“

Schlegelmi­lch hatte in dem Brief – dabei handelt es sich um ein Antwortsch­reiben an die Opposition – stets von „wir“geschriebe­n: „Die Aufsichtsr­atsmitglie­der und ich als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender haben uns, wie es das Gesellscha­ftsrecht vorgibt, bei unserer Entscheidu­ng ausschließ­lich im Unternehme­nsinteress­e und damit dem Wohl des Unternehme­ns leiten lassen.“Und weiter: „Die uns nachträgli­ch in einem Gespräch mit der Kommunalau­fsicht mitgeteilt­e, divergiere­nde Rechtsauff­assung zur Beteiligun­g an der Share2Driv­e GmbH respektier­en wir, schließen uns dieser aber nicht an.“Dazu sagte Reiners: „Ich fühle mich von dem ,Wir‘ in dem Brief von Herrn Schlegelmi­lch nicht mit eingeschlo­ssen. Denn die Verwaltung schließt sich der Rechtsauff­assung der Kommunalau­fsicht, was die vorherige Beteiligun­g des Rates angeht, durchaus an.“Bei seinen Entscheidu­ngen in Aufsichtsr­äten steht immer das Unternehme­nsinteress­e im Vordergrun­d, so Reiners: „Dabei habe ich auch immer die rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen zu beachten, auch die der Gemeindeor­dnung.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany