Rheinische Post Erkelenz

Kerbers Weg ins Ungewisse

Gut einen Monat nach ihrem Wimbledon-Aus startet Angelique Kerber in die Hartplatzs­aison. Die Trainerfra­ge ist nach der Trennung von Rainer Schüttler noch ungeklärt. Boris Becker wird es aber nicht.

- VON KRISTINA PUCK

TORONTO (dpa) Ihren Weg zu den US Open beginnt Angelique Kerber weit entfernt von der Normalität. Sich ohne Trainer auf das New Yorker Grand-Slam-Spektakel vorzuberei­ten, ist auch für sie nach mehr als 900 Profi-Matches in über einem Jahrzehnt eine spannende neue Herausford­erung. Für ihre Entscheidu­ng bei der Suche nach einem neuen Coach will sich die 31-Jährige Zeit nehmen, auf einen prominente­n Namen setzt die ehemalige Nummer eins der Tennis-Welt nicht unbedingt. Ein Engagement von Boris Becker schließt sie aus.

„Ich glaube nicht, dass das meine Trainer-Lösung ist“, sagte die Kielerin der Deutschen Presse-Agentur: „Es muss halt passen, egal welcher Name es ist. Wenn es ein Name ist, den man nicht kennt, es aber passt, dann ist es das, was ich suche.“

Die Ungewisshe­it über den künftigen Coach wird sie auch begleiten, wenn sie in der Nacht zu Dienstag beim Hartplatz-Turnier in Toronto erstmals seit ihrem frühen Wimbledon-Aus wieder auf dem Tennisplat­z gefordert ist. Ob Mann oder Frau, ob Deutscher oder nicht – das sei ihr egal, sagte die dreimalige Grand-Slam-Turniersie­gerin und listete als Kriterien auf: „Er muss viel Erfahrung mitbringen, er muss die richtige Ansprache mitbringen, die Leidenscha­ft, das Commitment.“Mit ihrem Manager Aljoscha Thron spricht sie verschiede­ne Namen durch.

Ein paar Wochen als Solistin seien unproblema­tisch, urteilte der frühere Tennisprof­i Alexander Waske, an dessen Akademie Kerber einst aus einem schweren Tief fand, auf dpa-Anfrage: „Aber wenn sie weiterhin große Turniere gewinnen will, wird sie sich jemanden holen, der sie verstärkt. Ich glaube, dass sie sich jemanden suchen muss, der ihr eine Idee präsentier­t, wie sie sich verbessern kann.“

Kerber setzt eigentlich gern auf eine gewohnte Umgebung, eine Rückkehr zu ihren früheren Trainern Benjamin Ebrahimzad­eh und Torben Beltz scheint allerdings ausgeschlo­ssen. Nach jahrelange­r Konstanz wird der neue Trainer nun schon der dritte in zwei Jahren sein. Auch das zeigt, wie unzufriede­n Kerber mit den Ergebnisse­n der Zusammenar­beit mit Rainer Schüttler war. Nach Wimbledon war Schluss.

Die Enttäuschu­ng über das desaströse Zweitrunde­n-Aus als Titelverte­idigerin in London ist inzwischen längst verarbeite­t. Kerber klingt sicher, wirkt mit sich selbst im Reinen. Zweifel, dass ihr die Rolle im Rampenlich­t wie in Wimbledon vielleicht nicht liegen könnte, weist sie zumindest nicht komplett zurück. „Jein. Auf der einen Seite ja, auf der anderen Seite lag auch 2016 so viel Druck auf mir. Ich habe zwei Grand Slams gewonnen in einem Jahr, Olympia-Silber und und und“, sagte Kerber. „Ich kann damit schon umgehen. Aufs und Abs gehören zu mir, zu meiner Geschichte, zu meiner Karriere. Ich komme immer stärker zurück.“

Wie lange sie ihre Karriere noch fortsetzt, weiß sie nicht. Die Weltrangli­sten-13. spricht von vier oder fünf Jahren, vielleicht höre sie aber auch früher auf. Sie freut sich schon auf die Zeit danach und will ihrer Sportart treu bleiben. „Ich habe keine Angst. Es wird schon irgendwas kommen. Ich weiß, dass ich da nicht untergehe“, sagte die Schleswig-Holsteiner­in mit Wohnsitz im polnischen Puszczykow­o am Rande eines Sponsorent­ermins (Head & Shoulders Supreme).

Noch spürt die deutsche Nummer eins die Lust auf Erfolge. Trotz der enttäusche­nden Saison hält sie an dem Ziel fest, sich am Ende für die WTA Finals der besten Acht des Jahres zu qualifizie­ren. Auf die Frage, was sie sich wünschen würde, wenn sie sich den nächsten großen Titel aussuchen könnte, antwortete sie lächelnd: „Dieses Jahr wäre natürlich New York was Schönes.“Dort beginnen am 26. August die US Open als letztes Grand-SlamTurnie­r der Saison.

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FOTO: STEVEN PASTONDPA 4. Juli 2019: Angelique Kerber verlässt nach ihrer Zweirunden­niederlage von Wimbledon den Platz.

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